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Der Erwerb eines Grundstücks durch einen ausländischen Staat ist nach § 4 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn das Grundstück für Zwecke von Botschaften, Gesandtschaften oder Konsulaten dieses Staates bestimmt ist und Gegenseitigkeit gewährt wird. Die Vorschrift entspricht inhaltlich § 4 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG 1940 (vgl. Entwurf des GrEStG 1980, BT-Drs. 9/251, 19). Sinn und Zweck der Regelung ist, einen ausländischen Staat (Entsendestaat) bei entsprechenden Grundstückserwerben für diplomatische Zwecke dann nicht mit Grunderwerbsteuer zu belasten, wenn der Entsendestaat seinerseits der Bundesrepublik Deutschland für die gleichen Grundstückserwerbe und Zwecke Steuerbefreiung gewährt. Für die Befreiung der diplomatischen Missionen und ihrer Mitglieder von Steuern und sonstigen Abgaben sind das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen v. 18.4.1961 – WÜD – und das Gesetz dazu v. 6.4.1964 (BGBl II 1964, 957, 1006, 1018, und BGBl II 1965, 147) maßgebend. Für alle Fragen, die nicht im WÜD geregelt sind, gelten daneben nach ausdrücklicher Bekräftigung in der Präambel des WÜD weiterhin die Regeln des Völkergewohnheitsrechts. Befreiungen von deutschen Verkehrssteuern ergeben sich aus dem WÜD regelmäßig nur in Verbindung mit deutschen Rechtsvorschriften und dem Völkergewohnheitsrecht. Grunderwerbsteuerfrei ist der Erwerb der für Missionszwecke benötigten Räumlichkeiten der Mission durch den Entsendestaat (§ 4 Nr. 2 GrEStG i. V. m. dem Völkergewohnheitsrecht und Art. 21 WÜD). I. S. d. WÜD bezeichnet sein Art. 1 der Ausdruck "Räumlichkeit der Mission" die Gebäude oder Gebäudeteile und das dazugehörige Gelände, die für Zwecke der Mission verwendet werden, einschließlich der Residenz des Missionschefs.

Als Rechtsgrundlage für die Befreiung des Erwerbs von Grundstücken für Missionszwecke bzw. Zwecke der konsularischen Vertretung durch den Entsendestaat dient darüber hinaus auch das Gesetz v. 26.8.1969 zu dem Wiener Übereinkommen v. 24.4.1963 über konsularische Beziehungen – WÜK (BGBl II 1969, 1585ff.). Vergünstigungen auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge, die nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG innerstaatliches Recht geworden sind, bleiben unabhängig von der inzwischen weggefallenen Vorschrift des § 24 Abs. 2 GrEStG durch Art. 32 Abs. 1 JStG 1997 v. 20.12.1996 (BGBl I 1996, 2049) unberührt (vgl. Heidekrüger, DVR 1971, 129).

Die Begünstigung nach § 4 Nr. 2 GrEStG ist auch beim Erwerb von Grundbesitz durch ausländische Staaten für Wohnzwecke des Personals der diplomatischen Missionen und konsularischen Vertretungen anwendbar. Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden der Länder ist auch der den Wohnzwecken der Beamten und Angestellten der fremden diplomatischen Vertretung als für Zwecke der Botschaft benutzt anzusehen. Die Verordnung v. 11.11.1981 (BStBl I 1982, 626) steht dem nicht entgegen (vgl. FinMin Niedersachsen v. 10.12.1997, S 4506-122-342, DStR 1998, 608).

Die Befreiung greift bereits ein, wenn beim Grundstückserwerb die Absicht bestanden hat, das erworbene Grundstück für den begünstigten Zweck zu verwenden und die Einhaltung dieses Verwendungszwecks nicht schon von Anbeginn an als offenbar unmöglich erscheint (vgl. BFH v. 31.3.1982, II R 155/79, BStBl II 1982, 421). Die Bestimmtheit der Verwendung des Grundstücks bezieht sich auf dessen Grundfläche, die für die begünstigten Zwecke von Botschaften, Gesandtschaften und Konsulaten einschl. der Wohngebäude für das Personal und der zugehörigen Nebenflächen bestimmt sein muss.

Nicht erforderlich ist, dass der begünstigte Zweck sofort verwirklicht wird. Ein zunächst noch zu erfüllender Miet- oder Pachtvertrag schließt die Vergünstigung daher nicht aus. Wird das erworbene Grundstück zunächst zu anderen Zwecken und erst später zu dem begünstigten Zweck verwendet, findet die Vergünstigung gleichwohl Anwendung, wenn die Verwendung zu anderen Zwecken lediglich von untergeordneter Bedeutung ist. Bei einer beabsichtigten Verwendung des erworbenen Grundstücks zu begünstigten und nicht begünstigten Zwecken kommt eine entsprechende Aufteilung nach dem Verhältnis der entsprechenden Teilflächen in Betracht. In Fällen, in denen der beabsichtigte, im Erwerbszeitpunkt tatsächlich bestehende begünstigte Zweck später aufgegeben oder nicht erfüllt wird, entfällt die Befreiung nicht, da im Gesetz für diese Fälle kein Nachbesteuerungsvorbehalt vorgesehen ist.

Bei konsularischen Vertretungen ist zwischen den von Berufskonsularbeamten und den von Wahlkonsularbeamten geleiteten konsularischen Vertretungen zu unterscheiden. Die Steuerbefreiung steht nur den Berufskonsularbeamten zu. Für Wahlkonsulate und ihre Mitglieder gelten die besonderen Vorschriften des Kapitels III des WÜK, die – abgesehen für konsularische Räumlichkeiten – keine Befreiung auf dem Gebiet der Verkehrssteuern enthalten (vgl. BMF v. 28.4.1981, IV A 4 – S 6050-1/81, GrESt-Kartei BW § 4 GrEStG Karte 3).

Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass Gegenseitigkeit gewährt wird. Der Entsendestaat, der das Grun...

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