Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
1 Einführung
Rz. 1
§ 1 GrEStG enthält die Besteuerungstatbestände. Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrsteuer, die geregelten Tatbestände knüpfen an einen Rechtsträgerwechsel an. Die Grunderwerbsteuer erfordert einen zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel; fehlt der zivilrechtliche Übertragungsvorgang, wird eine wirtschaftliche Übertragung nur besteuert, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist. Selbst wenn die GrEStG zu einer steuerlichen Gesamtbelastung der Grunderwerbsteuerpflichtigen führt, die im Jahr des Grundstückserwerbs 50 % des Einkommens übersteigt, werden die Bestimmungen nicht als verfassungswidrig angesehen (vgl. FG Münster v. 20.8.2020, 8 K 470/19 E, GrE). Der Gesetzgeber differenziert nicht, wer Erwerber eines Grundstücks ist. Der Erwerb eines "Familienheims" wird nicht anders behandelt, als der Erwerb durch eine Unternehmensgruppe oder einen privaten Investor, der bereits über ein umfangreiches Immobilienportfolio verfügt. Der Erwerber, dem bereits mehrere Grundstücke gehören, wird regelmäßig bessere Finanzierungsmöglichkeiten haben, als dies im Falle des Erwerbs eines "Familienheims" der Fall ist.
Rz. 2
§ 1 Abs. 2 GrEStG stellt eine Bestimmung dar, nach der eine wirtschaftliche Übertragung besteuert werden kann.
Rz. 3
Mit Art. 33 des Jahressteuergesetzes 2024 wird mit Wirkung ab dem 1.1.2025 folgender Abs. 4a nach Abs. 4 eingefügt:
"(4a) Ein Grundstück gehört zum Vermögen einer Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 2a bis 3a, wenn sie es aufgrund eines Rechtsvorgangs nach § 1 Abs. 1 erworben hat. Die Zugehörigkeit nach Satz 1 endet, wenn ein anderer Rechtsträger das Grundstück aufgrund eines Rechtsvorgangs nach § 1 Absatz 1 erworben hat oder wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, die zur Zugehörigkeit nach Satz 1 geführt haben. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf Rechtsvorgänge, die nach § 16 Abs. 1 rückgängig gemacht wurden, und auf Grundstücke, die nach § 16 Abs. 2 zurückerworben wurden, soweit dies dazu führt, dass ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a vermieden wird, die Rückgängigmachung und der Rückerwerb gelten für die Zugehörigkeit eines Grundstücks nach den Sätzen 1 und 2 als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Abgabenordnung. Ein Grundstück gehört auch zum Vermögen einer Gesellschaft, wenn diese an dem Grundstück die Verwertungsbefugnis nach § 1 Absatz 2 innehat. Die Zugehörigkeit nach Satz 4 endet, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, die zur Zugehörigkeit nach Satz 4 geführt haben."
2 Erwerbsvorgänge im Einzelnen
2.1 Vorbemerkung
Rz. 4
Ein von § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfasstes Verpflichtungsgeschäft liegt vor, wenn ein schuldrechtlicher Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an einem Grundstück begründet wird. Ein bei Abschluss des tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäfts als Vertreter gem. § 164 Abs. 1 BGB für den Vertretenen Auftretender begründet für den Vertretenen die Steuerpflicht des Erwerbsvorgangs aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Daran ändert sich auch nichts, wenn der als Vertreter Aufgetretene später die Rechte und Pflichten aus dem Grundstückskaufvertrag übernimmt, etwa wegen des Überschreitens seiner Befugnisse im Innenverhältnis oder in Erfüllung einer möglicherweise bestehenden Schadensersatzpflicht (vgl. BFH v. 13.5.1992, II B 118/91, HFR 1993, 326). Wendet der Käufer ein, er habe bei Abschluss des Vertrags als Vertreter gehandelt mit der Folge, dass er keinen Anspruch erworben habe, kann er dennoch selbst die Grunderwerbsteuer schulden. Tritt der Käufer gegenüber dem bisherigen Grundstückseigentümer im eigenen Namen auf und gibt er nicht zu erkennen, dass er für einen bestimmten Dritten handelt, werden gem. § 164 Abs. 2 BGB die vertraglich vereinbarten Rechte und Pflichten nicht in der Person des Dritten, sondern in der Person des Käufers begründet. Auf den durch diesen Rechtsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entstandenen Grunderwerbsteueranspruch ist es auch ohne Einfluss, in welcher Weise der Käufer nach Vertragsabschluss mit seiner durch den Vertrag erlangten Rechtsposition verfährt, insbesondere, ob er seinen Übereignungsanspruch an seinen Auftraggeber abtritt (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG). Eine Rückgängigmachung des Kaufvertrags, die gem. § 16 GrEStG zur Nichterhebung der Grunderwerbsteuer führen kann, muss in der notariellen Verhandlung zwischen dem Käufer und dem Dritten erkennbar werden.
Kaufverträge über unbebaute oder bebaute Grundstücke müssen, um wirksam zu sein, notariell beurkundet werden (§ 311 b Abs. 1 S. 1 BGB). Die notarielle Beurkundung ist in § 128 BGB geregelt. Die notarielle Beurkundung eines Rechtsgeschäfts dient dem Schutz vor Übereilung und gewährleistet, dass die Vertragsparteien rechtlich beraten und über die Folgen ihres Handelns belehrt werden. Außerdem kommt der notariellen Beurkundung eine besondere Beweiskraft zu, als öffentliche Urkunde wird der volle Beweis des beurkundeten Vorgangs begründet (§ 415 Abs. 1 ZPO).
Wird gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Form verstoßen, ist das entsprechende Rechtsgeschäft gem. § 125 S. 1 BGB nichtig, es...