Leitsatz

Die Inanspruchnahme des gewerbesteuerlichen Verlustabzugs setzt die ununterbrochene Unternehmeridentität voraus, sodass auch kurzfristige Unterbrechungen – selbst für eine logische Sekunde – zum Wegfall des Verlustabzugs führen.

 

Normenkette

§ 10a GewStG

 

Sachverhalt

An zwei GmbH & Co. KG (K-KG und A-KG) war R jeweils als einziger Kommanditist beteiligt. Komplementärin der K-KG war die K-GmbH, die nicht am Vermögen der K-KG beteiligt war. Komplementärin der A-KG war die X-GmbH, die am Vermögen der A-KG nicht beteiligt war.

Die A-KG sollte das Geschäft der K-KG übernehmen. Dazu brachte R seinen Anteil an der K-KG zum 31.12.1997 in die A-KG gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte ein. Die Komplementär-GmbH der K-KG schied am gleichen Tag aus der K-KG aus. In der Anmeldung zum Handelsregister versicherte die A-KG, dass R aus der K-KG ohne Abfindung ausgeschieden sei.

Die K-KG hatte zum 31.12.1997 gewerbesteuerliche Verlustvorträge von ca. 4,4 Mio. DM. Das FA setzte gegenüber der A-KG für 1997 einen Gewerbesteuermessbetrag fest, ohne die Verlustvorträge der K-KG zu berücksichtigen. Es war der Meinung, dass der gesamte Verlustvortrag mit Ausscheiden des R ­untergegangen sei. Das FG teilte diese Auffassung (FG München, Außensenate Augsburg, Urteil vom 23.4.2008, 10 K 1965/06, Haufe-Index 2129234).

 

Entscheidung

Auch der BFH war dieser Ansicht und wies die Revision der Rechtsnachfolgerin, der A-KG, zurück. Für eine logische Sekunde sei eine doppelstöckige KG entstanden. Das Ausscheiden des alleinigen Kommanditisten führe zum Verlust der Unternehmer­identität, auch wenn dieselbe Person mittelbar über die Obergesellschaft weiter allein an der nun zur Untergesellschaft gewordenen KG beteiligt sei.

 

Hinweis

1. Obwohl Objekt der GewSt der Betrieb der Personengesellschaft und Subjekt der Besteuerung die Gesellschaft selbst ist, behandelt die Rechtsprechung die einzelnen Gesellschafter und nicht die Gesellschaft als (Mit-)Unternehmer i.S.d. Gewerbesteuerrechts (Beschluss des Großen Senats vom 3.5.1993, GrS 3/92, BStBl II 1993, 616).

Dies bedeutet für den gewerbesteuerlichen Verlustabzug, dass der vorzutragende Verlust und der auszugleichende Gewinn mitunternehmerbezogen zu berechnen sind. Weil für einen gewerbesteuerlichen Verlustabzug Unternehmeridentität gefordert wird, geht beim Ausscheiden eines Mitunternehmers auch der auf ihn bezogene Verlustvortrag verloren. Weder die verbleibenden Gesellschafter noch ein neu eingetretener Gesellschafter können die Verlustanteile des ausgeschiedenen Gesellschafters nutzen.

2. Bei mehrstöckigen Beteiligungen müsste eine mitunternehmerbezogene Betrachtung an sich dazu führen, die Verluste der Untergesellschaft den mittelbar beteiligten Obergesellschaftern zuzuordnen. Verkürzungen oder Verlängerungen der Beteiligungs­ketten hätten dann keinen Einfluss auf die Verlust­nutzung, soweit die mittelbare Beteiligung an der Untergesellschaft prozentual unverändert bleibt.

Dies ist allerdings nicht die Sichtweise des BFH, der die Oberpersonengesellschaft selbst als Zuordnungssubjekt des Verlustanteils betrachtet. Daraus folgt, dass mittelbare Beteiligungen für die gewerbesteuerliche Verlustnutzung keine Bedeutung haben. Der Wechsel von einer unmittelbaren zu einer mittelbaren Beteiligung führt deshalb zum Untergang des anteiligen Verlustvortrags. Andererseits berühren Gesellschafterwechsel bei der Obergesellschaft die Verlustnutzung bei der Untergesellschaft nicht.

3. Im Fall des hiesigen Urteils bestand die Besonderheit, dass am Tag der Einbringung des Kommanditanteils in die Obergesellschaft auch der Komplementär der Untergesellschaft ausgeschieden und damit das Vermögen der Untergesellschaft der Obergesellschaft angewachsen war. Im Ergebnis kam es also nicht zu einer doppelstöckigen Struktur. Sie war aber ein von den Gesellschaftern aus Haftungsgründen gewollter Zwischenschritt, um eine im Durchgangsstadium eintretende unbeschränkte Haftung des Kommanditisten auszuschließen. Wenn zivilrechtlich eine doppelstöckige Gesellschaft bewusst errichtet wird, müssen nach Meinung des BFH aber auch die steuerrechtlichen Folgen daraus gezogen werden. Eine Art positiver steuerrechtlicher "Gesamtplanbetrachtung" kann darüber nicht hinweghelfen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.10.2012 – IV R 3/09

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