Leitsatz

Wechselrichter, mit denen aus solarer Strahlungsenergie erzeugter Gleichstrom in marktfähigen Wechselstrom umgewandelt wird, sind für die Stromerzeugung erforderliche Neben- und Hilfsanlagen i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV. Infolgedessen ist der zur Kühlung oder zur Beheizung solcher Wechselrichter eingesetzte Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Steuer befreit.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4, § 5 Abs. 1 StromStG, § 12 Abs. 1 StromStV, § 3 Nr. 5 EEG, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a EG-RL 96/2003

 

Sachverhalt

Die Klägerin erzeugt Strom aus solarer Strahlungsenergie. Zum Betrieb ihrer Anlage, insbesondere zum Hochfahren und zur Bereithaltung der Wechselrichter (Beheizung im Winter und Kühlung im Sommer) wird externer Strom benötigt. Die Wechselrichter wandeln den in den Photovoltaik-Modulen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um, der dann in das Leitungsnetz eingespeist wird.

Den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis zur steuerfreien Entnahme von Strom, der für den Betrieb der Wechselrichter entnommen wird, lehnte das HZA mit der Begründung ab, bei den Wechselrichtern handele es sich nicht um Neben- oder Hilfsanlagen, sondern um Einrichtungen zur geregelten Einspeisung des bereits in den Solarzellen erzeugten Stroms in das öffentliche Netz.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das FG (FG München, Urteil vom 3.4.2014, 14 K 1039/11, Haufe-Index 6987238) urteilte, der in den Wechselrichtern verbrauchte Strom diene nicht der Stromerzeugung im technischen Sinn, wie dies von § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV gefordert werde. Mit der Erzeugung von Gleichstrom in den Photovoltaik-Modulen sei der Vorgang der Stromerzeugung abgeschlossen. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG sei dahin auszulegen, dass die Steuerbefreiung nur für solchen Strom zu gewähren sei, der zur eigentlichen Stromerzeugung entnommen werde.

 

Entscheidung

Aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und das HZA zur Erteilung der beantragten Erlaubnis verpflichtet.

 

Hinweis

Elektrischer Strom, der verwendet wird, um Strom zu erzeugen, ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Steuer befreit. Hierzu findet sich eine – allerdings nicht abschließende ("insbesondere") – Aufzählung in § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV, wonach Strom zur Stromerzeugung entnommen wird, der u.a. in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit, insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversorgung, Brennstoffversorgung oder Rauchgasreinigung zur Erzeugung von Strom im technischen Sinn verbraucht wird.

Im Streitfall war die Frage zu beantworten, ob die Voraussetzung "zur Erzeugung von Strom im technischen Sinn" bei der Verwendung von Strom zum Betrieb sog. Wechselrichter, die den von Photovoltaik-Modulen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln, erfüllt ist. Dagegen wurde seitens der Zollverwaltung sowie vom FG eingewandt, der Strom sei ja bereits durch die Photovoltaik-Module erzeugt, wenn die Wechselrichter eingesetzt würden; diese seien also für die Stromerzeugung nicht erforderlich. Für die Bejahung der Befreiungsvoraussetzung "Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird" sprach allerdings, dass die Wechselrichter nötig sind, um den von dem Energieunternehmen am Markt angebotenen Wechselstrom zu erzeugen.

Der BFH hat sich der letztgenannten Argumentation angeschlossen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sei der Umfang des stromsteuerrechtlichen Herstellerprivilegs nach dem Produkt zu bestimmen, das der Hersteller in seinem Betrieb erzeuge und auf dem Markt anbiete. Sei die Produktion darauf ausgerichtet, als Endprodukt Wechselstrom zur Einspeisung in das öffentliche Netz zu erzeugen, so erfasse die Steuerbefreiung sämtliche Strommengen, die in Neben- und Hilfsanlagen zur Erzeugung des Wechselstroms eingesetzt würden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.10.2015 – VII R 25/14

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