Zusammenfassung

 
Begriff

In der Europäischen Union (und in einigen Drittstaaten) können Unternehmer für ihnen dort entstandene Kosten unter bestimmten Voraussetzungen die Rückerstattung der Umsatzsteuer verlangen (sog. Vorsteuer-Vergütungsverfahren). In der EU ansässige Unternehmer, die mit Umsatzsteuern anderer Mitgliedstaaten belastet sind, können ihre Erstattungsanträge nur elektronisch einreichen. Der elektronische Erstattungsantrag ist an den Staat, der die Erstattung vornehmen soll, zu richten, jedoch im Ansässigkeitsstaat über das dort eingerichtete elektronische Portal einzureichen. Anträge auf Vorsteuervergütung von ausländischen Unternehmern aus Drittstaaten müssen seit dem 1.7.2016 grds. ebenfalls ausschließlich auf elektronischem Weg über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) eingereicht werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Vorsteuervergütung an EU-ausländische und Drittstaatenunternehmer in Deutschland ist in § 18 Abs. 9 UStG und §§ 5961a UStDV geregelt. Innerhalb der EU geht das Verfahren auf die Richtlinie 2008/9/EG zurück. Verwaltungsanweisungen sind in Abschn. 18.1018.16 sowie in Abschn. 18g.1, 18i.1, 18j.1 und 18k.1 UStAE enthalten.

1 Überblick

Das Verfahren der Vorsteuervergütung unterscheidet sich je nachdem, ob die Umsatzsteuer in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat (der die Vorsteuer vergütet, z. B. Kanada, Norwegen, Schweiz, Vereinigtes Königreich) angefallen ist (siehe Schaubild).

Der nachfolgende Beitrag zeigt im Wesentlichen die Grundzüge des Vergütungsverfahrens in der EU aus der Sicht eines deutschen Unternehmers, der mit EU-ausländischen Umsatzsteuern belastet wird. Im Zuge der seit 1.7.2021 geltenden sog. neuen Fernverkaufsregelungen geht der Beitrag auch auf die sich für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren ergebenden Konsequenzen ein.

2 Vergütungsverfahren für den Bereich der EU

2.1 Ausgangslage

Im Geschäftsverkehr kommt es häufig vor, dass Unternehmen Eingangsrechnungen mit ausländischer Mehrwertsteuer erhalten. Angestellte des Unternehmens besuchen Messen und Ausstellungen in anderen Staaten und verursachen Reisekosten. Unternehmer erbringen Wartungs- und Montagearbeiten an von ihnen gelieferten Maschinen beim Kunden im Ausland. Dafür müssen oft vor Ort Ersatzteile beschafft werden. Die Lkw von Speditionen müssen im Ausland betankt und mit dem Einbau von Ersatzteilen repariert werden etc. In all diesen Fällen werden die Unternehmen mit Rechnungen konfrontiert, die ausländische Umsatzsteuer enthalten. Im Gegensatz zu inländischen Rechnungen, die zum Vorsteuerabzug bei der eigenen Umsatzsteuerschuld berechtigen, müssen sich die Unternehmen, soweit sie in dem jeweiligen Staat nicht bereits Umsätze erbringen und damit auch etwaige Vorsteuerbeträge im dortigen Besteuerungsverfahren geltend machen können, bei den Auslandsrechnungen in einem besonderen Erstattungsverfahren von der Umsatzsteuer als Kostenfaktor entlasten.

2.2 Voraussetzungen

Nach den für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Regeln der 2008/9/EG[1] haben ausländische Unternehmer aus der EU, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat für Zwecke ihres Unternehmens Gegenstände erwerben oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ohne dort ansässig zu sein und ohne dort selbst Umsätze ausgeführt zu haben (zu den Ausnahmen s. u.), Anspruch auf Erstattung (Vergütung) der ihnen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer.

Die Bestimmungen der RL 2008/9/EG verwehren es einem Mitgliedstaat, einem im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ansässigen Steuerpflichtigen den Anspruch auf Erstattung der MwSt allein deshalb zu versagen, weil er im Mitgliedstaat der Erstattung zu Mehrwertsteuerzwecken registriert ist oder sein müsste. Weder Art. 170 MwStSystRL noch Art. 3 RL 2008/9 unterwirft den Anspruch eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen auf Erstattung der MwSt einer formellen Voraussetzung, im Mitgliedstaat der Erstattung nicht zu MwSt-Zwecken registriert zu sein oder sein zu müssen.[2]

Hinsichtlich der Nichtansässigkeit des antragstellenden Unternehmers reicht es aus, wenn der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers im Ausland (nicht im Erstattungsstaat) liegt. Ob daneben noch ein Wohnsitz im Erstattungsstaat besteht, ist in einem solchen Fall irrelevant. Ein Unternehmer ist bereits dann im Erstattungsstaat ansässig, wenn er dort eine Betriebsstätte hat und von dieser Umsätze ausführt oder beabsichtigt, von dieser Umsätze auszuführen. Nach der Richtlinie 2008/9/EG kommt es für den Begriff des "nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen" für die Beurteilung der Ansässigkeit des antragstellenden Unternehmers auf einen Wohnsitz nur dann an, wenn ein Sitz oder eine feste Niederlassung nicht festzustellen ist.[3]

Der EuGH hat entschieden, dass eine in einem Mitgliedstaat vermietete Immobilie keine feste Niederlassung i. S. d. Art. 43 MwStSystRL sowie der Art. 44 und 45 MwStSystRL darstellt, wenn der Eigentümer der Immobilie nicht über eigenes Personal für die Leistungsbewirkung im Zusammenhang mit der Vermietung verfügt.[4] Entgegen diesem Urteil geht die deutsche Finan...

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