Leitsatz

1. Aufwendungen für die Neueindeckung des Daches einer Scheune, auf dem eine unternehmerisch genutzte Photovoltaikanlage installiert wird, berechtigen zum Vorsteuerabzug im Umfang des unternehmerischen Nutzungsanteils an der gesamten Scheune.

2. Zur Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils im Wege einer sachgerechten Schätzung kommt ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch genutzten inneren Teil der Scheune ­einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer Photovoltaikanlage gegenübergestellt wird.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 4 UStG, Art. 4, Art. 17 der 6. EG-RL, § 11 Abs. 1, § 11 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004

 

Sachverhalt

Der Kläger deckte im Jahr 2006 (Streitjahr) das Dach seiner ca. 1920 erbauten Scheune mit Tonziegeln neu ein und errichtete auf der Südseite des Daches eine PV-Anlage. Die gesamte neu eingedeckte Dach­fläche betrug 148 qm, wovon die mit der PV-Anlage bedeckte Südseite einen Anteil von 85 qm (= 57,43 %) ausmachte.

Der Kläger erklärte in seiner USt-Jahreserklärung für 2006 steuerpflichtige Umsätze aus seinen Stromlieferungen an ein Energieunternehmen sowie Vorsteuerbeträge aus der Errichtung der PV-Anlage.

Das FA berücksichtigte in dem USt-Bescheid für 2006 lediglich abziehbare Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungskosten der PV-Anlage sowie weitere nach Ansicht des FA im direkten Zusammenhang mit der PV-Anlage stehende Vorsteuerbeträge. Die auf die Neueindeckung des Daches entfallenden Vorsteuerbeträge erkannte es dagegen nicht als abziehbar an.

Das FG hat der Klage mit dem Begehren, zusätzliche Vorsteuerbeträge zum Abzug zuzulassen, teilweise (zu 57,43 %) stattgegeben. Es führte zur Begründung aus, der Kläger sei zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG berechtigt, soweit die Aufwendungen die Erneuerung der Südseite des Daches beträfen, auf der die PV-Anlage installiert sei (FG Nürnberg, Urteil vom 13.4.2010, 2 K 952/2008, Haufe-Index 2529568, EFG 2011, 485).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf. Er widersprach der Auffassung des FG, sämtliche Aufwendungen, die auf die Sanierung der Südfläche des Daches (57,43 %) entfielen, berechtigten den Kläger zum Vorsteuerabzug, sodass 57,43 % der dem Kläger insgesamt in Rechnung gestellten USt als Vorsteuer abziehbar sei. Denn dabei habe das FG nicht berücksichtigt, dass diese Aufwendungen nicht nur zu dem Betrieb der PV-Anlage in direktem und unmittelbarem Zusammenhang gestanden hätten, sondern als Erhaltungsaufwendungen auch dem Gebäude selbst zugutegekommen seien.

Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen, damit es ermittelt, in welchem Umfang der Kläger die Scheune für sein Stromerzeugungs-Unternehmen genutzt hat.

 

Hinweis

Ein (sonst nicht unternehmerisch tätiger) Stromerzeuger, der das Dach einer schon vorhandenen, anderweitig nicht genutzten (leer stehenden) Scheune neu eindecken und sodann eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Dach installieren lässt, kann die ihm in Rechnung gestellte USt aus den Aufwendungen für die Neueindeckung des Daches nur insoweit als Vorsteuer abziehen, als er das gesamte Gebäude für die Stromlieferungen unternehmerischen nutzt.

Die 10 %-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG, wonach die Lieferung eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, als nicht für das Unternehmen ausgeführt gilt (sog. unternehmerische Mindestnutzung), hat im Streitfall keine Bedeutung, weil es hier nicht um Herstellungskosten eines gelieferten Gegenstands geht, sondern um Erhaltungsaufwendungen in Form von Dienstleistungen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.7.2011 – XI R 29/10

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