Leitsatz

1. Der Betreiber einer Photovoltaikanlage kann den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten eines Schuppens, auf dessen Dach die Anlage installiert wird und der anderweitig nicht genutzt wird, nur im Umfang der unternehmerischen Nutzung des gesamten Gebäudes beanspruchen, vorausgesetzt diese Nutzung beträgt mindestens 10 %.

2. Zur Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils im Wege einer sachgerechten Schätzung kommt ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch genutzten inneren Teil des Schuppens einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer Photovoltaikanlage gegenübergestellt wird.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 4 UStG, Art. 4, Art. 17 der 6. EG-RL, § 11 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004

 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb seit 2003 in R eine auf dem Dach eines fremden Gebäudes installierte PV-Anlage. Im Jahr 2006 (Streitjahr) errichtete er in O auf seinem Grundstück, das mit einem von ihm bewohnten Haus bebaut war, einen Holzschuppen mit einer Grundfläche von 135 qm (15 m x 9 m). Sodann ließ er die PV-Anlage in R abmontieren und auf dem Dach des Holzschuppens in O wieder installieren. Die ihm für die Errichtung des Holzschuppens sowie die Demontage und Montage der PV-Anlage in Rechnung gestellte USt machte der Kläger als Vorsteuer geltend.

Das FA gewährte den Vorsteuerabzug jedoch nur insoweit, als die Aufwendungen seiner Auffassung nach unmittelbar der PV-Anlage zugeordnet werden konnten, nicht aber, soweit sie mit der Errichtung des Holzschuppens in Zusammenhang standen.

Das FG wies die Klage auf Gewährung der restlichen Vorsteuerbeträge ab (FG München, Urteil vom 27.7.2009, 14 K 1164/07, Haufe-Index 2240221, EFG 2009, 1975).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf. Der Auffassung des FG, dass der streitige Vorsteuerabzug an der 10 %-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG scheitere, weil bei der Berechnung dieser Grenze lediglich auf die innere Nutzfläche des Schuppens abzustellen und die Nutzung des Daches durch die PV-Anlage nicht zu berücksichtigen sei, folgte der BFH nicht.

Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen, damit es ermittelt, in welchem Umfang der Kläger den Schuppen für sein Stromerzeugungs-Unternehmen genutzt hat.

 

Hinweis

1. Mit drei Urteilen vom 19.7.2011, XI R 29/09 (BFH/NV 2011, 2198), XI R 21/10 (BFH/NV 2011, 2201, BFH/PR 2012, 15), XI R 29/10 (BFH/NV 2011, 2205, BFH/PR 2012, 16) hat sich der BFH grundsätzlich zu den Voraussetzungen und zum Umfang eines Vorsteuerabzugs im Zusammenhang mit der Installation einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie geäußert.

2. Dabei ging der BFH bei seinen Entscheidungen davon aus, dass ein (sonst nicht unternehmerisch tätiger) Betreiber einer PV-Anlage, der den mit seiner Anlage erzeugten Strom kontinuierlich an einen Energieversorger veräußert, insoweit umsatzsteuerrechtlich Unternehmer ist. Er ist deshalb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten USt als Vorsteuer aus Aufwendungen berechtigt, soweit diese mit seinen Umsätzen aus den Stromlieferungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang stehen.

3. Im Streitfall XI R 29/09 (BFH/NV 2011, 2198) hatte ein Stromerzeuger eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines von ihm errichteten, anderweitig nicht genutzten (leer stehenden) Schuppens installieren lassen. Er kann die USt aus den Herstellungskosten des Schuppens nur insoweit als Vorsteuer abziehen, als er das Gebäude für die Stromliefe­rungen unternehmerisch nutzt. Voraussetzung ist allerdings, dass diese teilweise unternehmerische Nutzung des Schuppens mindestens 10 % der Gesamtnutzung beträgt. Denn nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt die Lieferung eines Gegenstands (hier: Schuppens), den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, als nicht für das Unternehmen ausgeführt (sog. unternehmerische Mindestnutzung).

4. Den somit maßgebenden unternehmerischen Nutzungsanteil an dem Schuppen hat der Unternehmer im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln.

Dabei kommt nach dem Besprechungsurteil – und hier betrat der BFH Neuland – z.B. ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch genutzten inneren Teil des Gebäudes einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer PV-Anlage gegenübergestellt wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.7.2011 – XI R 29/09

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