Leitsatz

Im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms wie das in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden sind die Art. 5, 6 und 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL in der durch die RL 95/7/EG des Rats vom 10.04.1995 geänderten Fassung sowie Art. 17 Abs. 2 in seiner sich aus Art. 28f Nr. 1 dieser RL ergebenden Fassung dahin auszulegen,

  • dass die Zahlungen des Programmmanagers in der Rechtssache C-53/09 an die Lieferer, die den Kunden Treueprämien liefern, als Gegenleistung eines Dritten für die den Kunden von den genannten Lieferern erbrachte Lieferung von Gegenständen oder gegebenenfalls erbrachte Dienstleistung anzusehen sind, wobei es jedoch Sache des vorlegenden Gerichts ist, zu prüfen, ob diese Zahlungen auch die Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen umfassen, die einer gesonderten Dienstleistung entspricht,
  • dass die Zahlungen des Sponsors in der Rechtssache C-55/09 an den Programmmanager, der den Kunden Treueprämien liefert, teils als Gegenleistung eines Dritten für die den Kunden vom Manager dieses Programms erbrachte Lieferung von Gegenständen und teils als Gegenleistung für die von diesem Manager dem Sponsor erbrachten Dienstleistungen anzusehen sind.
 

Normenkette

Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL, Art. 73, Art. 168 MwStSystRL (§ 10 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 UStG)

 

Sachverhalt

Der Sachverhalt zu C-53/09 – LMUK – ergibt sich bereits aus den Praxis-Hinweisen.

Der Sachverhalt in der Sache C-55/09 – Baxi – unterscheidet sich darin, dass "@1" Manager und Lieferer zugleich ist, d.h. Baxi, der "Sponsor", ist der Unternehmer, der mit "@1" das Punkteprogramm vereinbart und selbst die Prämien erwirbt und gegen Vorlage der von Baxi ausgegebenen Punkte an die Kunden von Baxi ausgibt. Baxi zahlt an "@1" den Einzelhandelspreis für die Prämien und zusätzlich ein Entgelt für die für Entwicklung und Durchführung des Punkteprogramms verbundenen Dienstleistungen.

In beiden Fällen bestanden Zweifel, ob der "Manager" des Werbeprogramms die Vorsteuer abziehen darf, die ihm von den Unternehmern, die die Treueprämien an die Kunden der am Programm teilnehmenden Händler ausgaben und hierfür gegen Nachweis der eingelösten Punkte Zahlungen in Höhe des vereinbarten Punktwertes vom Manager erhielten, in Rechnung gestellt worden ist. Die englische Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, es handle sich um Lieferungen an die Kunden und Zahlung eines Dritten und deshalb die Steuer nicht beim Dritten abziehbar.

 

Entscheidung

Die wesentlichen Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

Für den Fall Baxi ging der EuGH aufgrund der Vereinbarung zwischen Baxi und "@1" davon aus, es handle sich um zwei Leistungen von "@1" an Baxi. Eine Antwort zu den Kriterien einer einheitlichen oder getrennten Leistung bleibt der EuGH schuldig und belässt es bei dem Hinweis, es sei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Begründungsbedürftig bleibt und schwer nachzuvollziehen ist auch die Überlegung des EuGH, nach dem mitgeteilten Sachverhalt umfassten die von Baxi an "@1" geleisteten Zahlungen den Einzelhandelspreis der Treueprämien zuzüglich Porto und Verpackung und einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Einzelhandelspreis der Treueprämien und dem Einkaufspreis, zu dem sie diese Treueprämien beschafft.

Die Zahlung lasse sich daher in zwei Teile teilen, von denen der eine die Gegenleistung für die Lieferung der Treueprämien an die Kunden (siehe aber unter Punkt 2. der Praxis-Hinweise) darstelle, während die Gewinnspanne die Gegenleistung für die Dienstleistungen darstelle, die "@1" an Baxi erbringe. Warum das keine einheitliche Leistung darstellt, wobei dann zu prüfen wäre, ob es sich im Schwerpunkt um eine Lieferung oder um eine Werbeleistung handelt, wäre nicht zuletzt aus systematischen Gründen interessant. Richtig ist jedenfalls, dass Baxi und nicht deren Kunden Empfänger der Leistungen von "@1" ist (vgl. BFH, Urteil vom 24.08.2006, V R 16/05, BFH/NV 2007, 172, BFH/PR 2007, 108; nach EuGH Warenlieferung und daneben Dienstleistung) und daher Baxi grundsätzlich der Vorsteuerabzug zusteht.

 

Hinweis

Kundenbindungsprogramme mit Treuepunkten und Treueprämien sind en vogue. Der Kunde erhält beim Einkauf entsprechend dem Umfang des Einkaufs Punkte, die er – hat er genügend bei dem betreffenden Händler eingekauft – gegen Treueprämien i.d.R. in Form von Waren (selten Dienstleistungen) einlösen kann. Die Modalitäten der Programme sind vielfältig. Z.B. eines der der Besprechungsentscheidung zugrunde liegenden Modelle hat vier Akteure: der Händler, der die Kunden mit dem Programm zur Treue beim Einkauf verlockt, die Kunden des Händlers, der "Manager" des betreffenden Programms (LMUK), und die Unternehmen, die vereinbarungsgemäß die Punkte der Kunden gegen die beschriebenen Waren (Treueprämien) einlösen (Lieferer). Die Punkte verkörpern einen im Voraus mit den an dem Programm teilnehmenden Unternehmern, dem "Manager" (LMUK), dem Händler und dem Lieferer vereinbarten bestimmten Wert. Wie stets ist zu fragen, wer erbringt an ...

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