Leitsatz

1. Den Nachweis darüber, dass ein anderer Unternehmer Steuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann der Unternehmer mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen.

2. Einem Beweisantrag auf Vernehmung von Zeugen muss das FG nur dann nachkommen, wenn ieser hinreichend substanziiert ist. Dies setzt voraus, dass er sich auf das Vorliegen von Originalrechnungen für konkret bezeichnete Eingangsleistungen bezieht.

 

Normenkette

§ 14, § 15 Abs. 1 UStG, Art. 17 Abs. 1, 2 Buchst. a, Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL, § 95, § 162 AO

 

Sachverhalt

Im Rahmen einer Außenprüfung erklärte der Kläger nach Aufforderung, die Buchführungsunterlagen zwecks Prüfungsbeginns in das FA zu bringen, dass ihm die Vorlage der erbetenen Unterlagen unmöglich geworden sei, da der Transporter mit den gesamten Buchungsunterlagen und der EDV-Anlage, auf der die Buchführung gespeichert war, vom Betriebsgelände gestohlen worden sei. Unter Berücksichtigung einer Außenprüfung für Vorjahre ging das Finanzamt davon aus, dass die dem Kläger erteilten Rechnungen zumindest teilweise nicht ordnungsgemäß gewesen seien, und kürzte die nicht durch Belegzweitschriften nachgewiesenen Vorsteuerbeträge um 40 %. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG (FG Sachsen-Anhalt vom 20.2.2013, 2 K 1037/10, Haufe-Index 5062889, EFG 2013, 1715) ging davon aus, dass die Schätzung nicht zu beanstanden sei.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorins­tanz.

 

Hinweis

1. Das Recht auf Vorsteuerabzug (§ 15 UStG)entsteht mit der Entstehung des Anspruchs auf die abziehbare Steuer (Art. 167 MwStSystRL, Art. 17 Abs. 1 der 6. RL). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung (Art. 63 MwStSystRL, Art. 10 Abs. 2 der 6. RL).

2. Das entstandene Recht auf Vorsteuerabzug kann der Unternehmer erst ausüben, wenn er im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist (Art. 178 Buchst. a MwStSystRL, Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. RL).

3. Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, hat die Darlegungs- und Feststellungslast für die Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen.

Dies gilt insbesondere für den Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung. Nicht erforderlich ist, dass das Abrechnungspapier auch noch zu einem späteren Zeitpunkt vorhanden ist.

Den Nachweis der Inrechnungstellung kann der Unternehmer nicht allein durch Vorlage der Originalrechnung führen. Besitzt er diese nicht mehr, sind auch andere Beweise zulässig, aus denen sich ergibt, dass der Umsatz, auf den sich der Vorsteuerabzug bezieht, tatsächlich stattgefunden hat. Dementsprechend kann der Unternehmer den Nachweis, dass er im Besitz der Originalrechnung war, mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen. Beweisanträge im FG-Verfahren müssen aber hinreichend substanziiert sein.

4. Lagen Originalrechnungen anderer Unternehmer mit gesondertem Steuerausweis vor, die aber danach verloren gegangen sind und nicht mehr rekonstruiert werden können, sind die abziehbaren Vorsteuerbeträge zu schätzen (§ 162 AO). Die Rechnungstellung wird durch den Verlust der Rechnungen nicht aufgehoben. Allerdings kann der fehlende Nachweis des Rechnungsbesitzes nicht durch eine Schätzung ersetzt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.10.2014 – V R 23/13

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