Rz. 1

Im Geschäftsverkehr kommt es häufig vor, dass Unternehmen in ihren Eingangsrechnungen mit ausländischer Mehrwertsteuer belastet werden. Angestellte besuchen Messen und Ausstellungen in anderen Staaten und verursachen Reisekosten. Unternehmer erbringen Wartungs- und Montagearbeiten im Ausland und müssen vor Ort Ersatzteile beschaffen. Die Lkws von Speditionen müssen im Ausland betankt und repariert werden usw. Im Gegensatz zu inländischen Rechnungen, die zum Vorsteuerabzug bei der eigenen Umsatzsteuerschuld berechtigen, müssen sich die Unternehmen, sofern sie im Ausland keine oder nur bestimmte Umsätze erbringen, bei den Auslandsrechnungen in einem besonderen Erstattungsverfahren von der Umsatzsteuer als Kostenfaktor entlasten. Nach den für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Regeln[1] haben ausländische Unternehmer aus der EU, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat für Zwecke ihres Unternehmens Gegenstände erwerben oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ohne dort ansässig zu sein, Anspruch auf Erstattung (Vergütung) der ihnen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer.

 

Rz. 2

Mit der RL 2008/9/EG des Rates v. 12.2.2008[2] wurde das bis 31.12.2009 in der sog. 8. EG-RL[3] geregelte Verfahren der Erstattung von Mehrwertsteuern (Vorsteuervergütung) an EU-Unternehmer mWv 1.1.2010 auf eine neue Grundlage gestellt. Die 8. EG-RL wurde mWv 1.1.2010 aufgehoben. Die RL 2008/9/EG gilt für Erstattungsanträge, die nach dem 31.12.2009 gestellt werden. Die Grundvoraussetzungen des Erstattungsverfahrens (Erstattungsberechtigte, Nichtansässigkeit des antragstellenden Unternehmers, keine oder nur bestimmte Umsätze im Erstattungsstaat u. Ä.) blieben ab dem 1.1.2020 unverändert. Einzelne verfahrensrechtliche Aspekte wurden näher bestimmt und vereinfacht und die Rechte der Antragsteller wurden gestärkt (z. B. durch verkürzte Bearbeitungsfristen und eine Verzinsung der Erstattungsansprüche).[4] Wie im alten Recht scheidet ein Erstattungsverfahren für in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge für Lieferungen aus, die gem. Art. 138 MwStSystRL (innergemeinschaftliche Lieferungen) oder gem. Art. 146 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL (Ausfuhrlieferungen, Beförderung oder Versendung durch Abnehmer) steuerfrei sind oder befreit werden können.[5] Gleiches gilt – ausdrücklich ab 1.1.2010 geregelt – für nach den Rechtsvorschriften des Erstattungsstaats fälschlich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge.[6] Damit scheidet – wie im normalen Besteuerungsverfahren – ein Vorsteuerabzug (hier Erstattung) für Steuern aus, die nur aufgrund eines unzutreffenden/unberechtigten Steuerausweises, nicht aber aufgrund des Umsatzes geschuldet werden. Das bis 31.12.2009 bestehende Papierverfahren wurde auf ein elektronisches Verfahren umgestellt. Im Gegensatz zum alten Recht sind die Antragsteller verpflichtet, ihre Erstattungsanträge auf elektronischem Weg zu stellen. Die Anträge sind zwar (weiterhin) an den Mitgliedstaat der Erstattung zu richten, jedoch in dem Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller ansässig ist, über das von diesem Mitgliedstaat eingerichtete elektronische Portal einzureichen. Die Vorlage von Originalrechnungen bzw. Einfuhrdokumenten ist seit 1.1.2010 nicht mehr zwingend materiell-rechtliche Voraussetzung für die Vorsteuer-Vergütung.

 

Rz. 3

Das Erstattungsverfahren gegenüber Unternehmern aus Drittstaaten ist (auch ab 1.1.2010 unverändert) in der sog. 13. EG-Richtlinie (im Folgenden 13. EG-RL)[7] geregelt. Auch in diesem Verfahren hat der Drittlandsunternehmer, der in Deutschland einen Vergütungsantrag stellt, diesen grds. nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung dem BZSt zu übermitteln. Auf Antrag hat das BZSt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung zu verzichten und die Abgabe des Vergütungsantrags nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in herkömmlicher Form – auf Papier oder per Telefax – zuzulassen, wenn eine elektronische Übermittlung für den Unternehmer wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist.[8] Im Gegensatz zu dem Verfahren für EU-Unternehmer können die Mitgliedstaaten nach der 13. EG-RL die Erstattung der Umsatzsteuer für bestimmte Ausgaben ganz ausschließen. Außerdem können sie die Erstattung davon abhängig machen, dass der Grundsatz der Gegenseitigkeit gewahrt ist. Des Weiteren können sie die Einzelheiten des Erstattungsverfahrens (Antragstellung, Erstattungszeitraum, Mindestbeträge, Erstattungsfristen) selbst bestimmen.

 

Rz. 4

Somit ist seit dem 1.1.2010 das Verfahren zur Vergütung von Vorsteuern gegenüber Unternehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten und gegenüber Unternehmern aus Drittstaaten in unterschiedlichen Verfahren geregelt.

 

Rz. 5

§ 18g UStG beschränkt sich darauf zu regeln, auf welchem Weg ein im Inland ansässiger Unternehmer, der in einem anderen EU-Mitgliedstaat einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern stellt, diesen Antrag zu stellen hat. Dagegen kennt das deutsche Recht für Anträge im Inland ansässiger Unternehmer, die in Drittstaaten gestellt werden, ...

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