Leitsatz

Steuerfreiheit für Versicherungsvertreter kommt nicht in Betracht, wenn der Leistung die wesentlichen Aspekte einer Versicherungsvermittlungstätigkeit fehlen.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte in früheren Jahren seinen Kunden fremdfinanzierte Rentenversicherungen vermittelt. Weil sich die steuerlichen Rahmenbedingungen geändert hatten, erlitten die Kunden Liquiditätsnachteile wegen der fehlenden Steuerersparnis aus den (nunmehr) nicht abziehbaren Schuldzinsen. Daraufhin bot der Kläger seinen Bestandskunden eine Veräußerung der Rentenversicherungsverträge an einen Aufkäufer an, damit sie aus dem Veräußerungserlös die laufenden Darlehen tilgen konnten. Bei Abschluss eines solchen Vertrages zwischen Kunden (Versicherungsnehmer) und Versicherungsaufkäufer erhielt der Kläger von dem Versicherungsaufkäufer eine "Standardprovision", die er nicht der Umsatzsteuer unterwarf. Das Finanzamt war allerdings der Auffassung, dass die Provisionsumsätze umsatzsteuerpflichtig seien.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts sind die vom Kläger ausgeführten Leistungen gegenüber dem Aufkäufer weder gemäß § 4 Nr. 11 UStG, noch gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Steuerbefreiung für Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler (§ 4 Nr. 11 UStG) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es zu den wesentlichen Aspekten einer steuerfreien Versicherungsvermittlungstätigkeit gehört, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzuführen. Leistungen von Versicherungsvertretern und -maklern sind dabei nur steuerfrei, wenn sie zugleich zum Versicherer und zum Versicherungsnehmer in Beziehung stehen. Vorliegend wurden jedoch keine Kunden mit einem Versicherer zusammengeführt (der Versicherer selbst war im Übrigen gar nicht eingeschaltet in den Vorgang), sondern nur der Versicherungsnehmer mit einem Aufkäufer.

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG sind Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen, steuerfrei. Eine Vermittlung des Verkaufs von laufenden Rentenversicherungsverträgen stellt keine derartige Leistung dar, denn die Veräußerung dieser Rentenversicherungsverträge ist mit der Veräußerung von Kapitallebensversicherungen vergleichbar, weil in beiden Fällen das Ziel einer langfristigen vertraglichen Vereinbarung zur Sicherung der Altersvorsorge gemeinsam ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 22.10.2009, C-242/08) stellt aber die entgeltliche Übertragung (eines Bestands) von Lebensrückversicherungsverträgen schon ihrem Wesen nach keinen Bankumsatz dar. Dieser Grundsatz ist auf die hier streitigen Umsätze übertragbar, denn auch vorliegend wurden keine Zahlungsumsätze vermittelt, sondern vielmehr die Übertragung der Rechtsposition des Versicherungsnehmers bei laufenden Rentenversicherungsverträgen.

 

Hinweis

Vorliegend hat der Kläger, nachdem klar war, dass für seine Kunden die ("vermutlich avisierten") ertragsteuerlichen Effekte in Form von Verlusten nicht eintreten werden, nach einer wirtschaftlich sinnvollen Lösung für diese gesucht. Dies könnte man im weitesten Sinne als Bestandspflege bezeichnen. Gemäß Abschn. 4.11.1 Abs. 3 UStAE sind typische Bestandspflegeleistungen, z. B. in Form von nachwirkender Vertragsbetreuung durch Hilfen bei Modifikation oder Abwicklung von Verträgen, die gegen Bestandspflegeprovisionen erbracht werden, berufstypisch und deshalb auch nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei. Nach Ansicht des Gerichts setzt eine begünstige Bestandspflege allerdings die Einflussnahme auf den Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer voraus. Dies war vorliegend nicht der Fall, weil hinsichtlich der streitgegenständlichen Provisionen keine Leistungsbeziehung zwischen dem Kläger und der Versicherung bestand. Auch gegenüber dem Aufkäufer wurde keine Bestandspflege erbracht, sondern vielmehr eine eigenständige Vermittlungsleistung zur Übertragung von Versicherungsverträgen. Dass das Finanzgericht den Verkauf von fremdfinanzierten Rentenversicherungen mit dem Verkauf eines Bestands von Lebensrückversicherungsverträgen vergleicht und entsprechend auf die EuGH-Rechtsprechung verweist, nach der insoweit keine Finanzumsätze vorliegen, und demzufolge solche auch nicht vermittelt werden konnten, ist zumindest nachvollziehbar.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 04.11.2015, 3 K 648/13

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