1 Systematische Einordnung

Erzielt ein Stpfl. durch eine Tätigkeit im Ausland Verluste, stellt sich die Frage, ob die ausl. Verluste im Inland bei der Besteuerung berücksichtigt werden können. Dies ist für den Stpfl. insbesondere dann von Bedeutung, wenn ein Verlustabzug im Ausland nicht mehr möglich ist. Werden die ausl. Verluste auch in Deutschland nicht steuermindernd angesetzt, erfolgt eine Keinmal-Erfassung.

Bei der Beantwortung der Frage, ob ausl. Verluste im Inland zu berücksichtigen sind, ist danach zu unterscheiden, ob diese Verluste von einer Kapitalgesellschaft oder einer Betriebsstätte erzielt werden. Kapitalgesellschaften sind eigenständige Stpfl., sodass die Verlustberücksichtigung im Inland nur unter besonderen Umständen möglich sein wird; auch bei nationalen Sachverhalten gibt es keine freie Verlustverrechnung zwischen verschiedenen Stpfl. Die Berücksichtigung ausl. Betriebsstättenverluste war in der Vergangenheit einfacher möglich; auch diese Möglichkeit ist aber durch die neue Rspr. des EuGH in der Rs. Timac Agro[1] stark eingeschränkt.

In der Vergangenheit wurden die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung insbesondere unter europarechtlichen Aspekten diskutiert.

2 Inhalt

Nach deutschem Recht sind grundsätzlich weder Verluste einer ausl. Tochtergesellschaft noch Verluste einer ausl. Betriebsstätte im Inland ohne Einschränkungen zu berücksichtigen. Tochterkapitalgesellschaften sind eigenständige Stpfl. Die Verlustberücksichtigung zwischen verschiedenen Stpfl. ist im Inland jedoch nur bei einer Organschaft möglich. Die Tatsache, dass im Ausland Verluste erzielt wurden, ist bei der Besteuerung des inl. Anteilseigners daher zunächst unerheblich. Das zu versteuernde Einkommen wird grundsätzlich nicht gemeinsam ermittelt. Damit ist aus deutscher Sicht eine Berücksichtigung von Verlusten ausländischer Tochtergesellschaften in Deutschland nur in einem sehr begrenzten Maße möglich. Dies kann aber im Ausland anders sein, wenn das ausländische Steuerrecht eine Verlustverrechnung zwischen Kapitalgesellschaften z. B. im Rahmen einer Group Taxation unter geringeren Voraussetzungen zulässt.

Auch wenn grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Verlustverrechnung zwischen Kapitalgesellschaften erfüllt sind, muss das nationale Recht eine Berücksichtigung von ausländischen Verlusten nur in begrenztem Maße vorsehen. Erforderlich ist insbesondere, dass es sich um sog. finale Verluste handelt. Verluste sind nur dann final, wenn sie nicht mehr von der Tochtergesellschaft oder bei Verkauf der Tochtergesellschaft vom Erwerber geltend gemacht werden können. Die Nutzung durch einen dritten Erwerber kann auch in einem Kaufpreis liegen, der die Verlustsituation in dem Sinne berücksichtigt, dass er durch eine zukünftige Verlustnutzung erhöht ist (sog. Mantelkauf).[1] Der Steuerpflichtige, der die Verluste als final berücksichtigen will, muss dabei die Finalität der Verluste nachweisen. Unklar ist, wie nachgewiesen werden kann, dass kein Mantelkauf möglich ist. Zudem wird in der Praxis die Kaufpreisermittlung beim Käufer (d. h. ohne Berücksichtigung einer etwaigen zukünftigen Verlustnutzung als Werttreiber) dem Verkäufer nicht bekannt sein, sodass ein Nachweis in der Praxis regelmäßig unmöglich sein dürfte.

Erzielt eine ausl. Betriebsstätte Verluste, sind diese aufgrund des Welteinkommensprinzips grundsätzlich beim inl. Stammhaus zu berücksichtigen. Dieses ist in Deutschland unbeschränkt stpfl.; damit unterliegen die weltweit erzielten Einkünfte der Besteuerung in Deutschland. Es erfolgt eine "Konsolidierung" des inl. und ausl. Ergebnisses. Dieses Welteinkommensprinzip gilt aber nur dann uneingeschränkt, wenn mit dem ausl. Staat kein DBA abgeschlossen oder im betreffenden DBA die Anrechnungsmethode vereinbart worden ist. Sieht das DBA die Freistellungsmethode vor, erfasst diese auch Verluste. Somit können die Verluste der ausl. Betriebsstätte grundsätzlich nicht beim inl. Stammhaus gewinnmindernd geltend gemacht werden.

Ein Verstoß gegen die europäischen Grundfreiheiten liegt aber nur dann vor, wenn eine Ungleichbehandlung in vergleichbarer Situation vorliegt. Eine Vergleichbarkeit von in- und ausländischen Betriebsstätten soll nach der Rspr. des EuGH nur dann vorliegen, wenn sich das Besteuerungsrecht auch auf die ausländische Betriebsstätte erstreckt. Dies soll nicht mehr der Fall sein, wenn zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung die Freistellungsmethode anzuwenden ist.[2] Anders soll dies aber bei sog. finalen Verlusten sein, die im Betriebsstättenstaat nicht mehr berücksichtigt werden können. Hier droht kein doppelter Verlustabzug, sodass eine Vergleichbarkeit mit einer inländischen Betriebsstätte gegeben ist.[3] Die Nichtberücksichtigung von ausl. Verlusten, die als inl. Verluste abzugsfähig wären, stellt unter europarechtlichen Gesichtspunkten auch schon nach der früheren Rspr. des EuGH zumindest dann eine Diskriminierung dar, wenn die Verluste final si...

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