Leitsatz

Ein Verlust aus der Veräußerung eines unentgeltlich erworbenen Anteils an einer Kapitalgesellschaft kann steuerlich nur geltend gemacht werden, wenn der Rechtsvorgänger den Anteil mit Einkünfteerzielungsabsicht erworben und gehalten hat. Eine unentgeltliche Übertragung von Anteilen im Sinne von § 17 Abs. 1 EStG, um dem Erwerber durch eine Veräußerung zu ermöglichen, den durch die Zurechnung der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers entstehenden Veräußerungsverlust zum Verlustausgleich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu nutzen, stellt keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO dar.

 

Sachverhalt

Der Kläger (K) war mit 0,8% als Gesellschafter an der A GmbH beteiligt. Diesen Geschäftsanteil hatte er von dem befreundeten D schenkweise erhalten. K veräußerte den Anteil weiter an die F GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer er ist. 60 % der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und den ursprünglichen Anschaffungskosten des D machte K als Verlust aus der Veräußerung steuerlich geltend. Das Finanzamt ermittelte dagegen einen Gewinn aus dem Vorgang. Da zwischen K und D keine verwandtschaftlichen Beziehungen bestünden, sei eine entgeltliche Übertragung anzunehmen. Gegenleistung sei die geschäftliche Kompetenz, von der D durch die Aufnahme des K als Gesellschafter in die A GmbH profitiere. Im Klageverfahren beantragte das Finanzamt, den Veräußerungsgewinn als Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu beurteilen, da die Anteile im Zusammenhang mit einer Tätigkeit des K als Aufsichtsratsvorsitzender bei der C AG übertragen worden seien. Für den Fall, dass die Zuwendung der Anteile jedoch als unentgeltlich einzustufen wäre, sei für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht auch auf die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers abzustellen, mit der Folge, dass ein Verlust nicht zu berücksichtigen sei.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht ließ den Verlust zum Abzug zu. Die Zuwendung des Anteils erfolgte nach Auffassung des Gerichts unentgeltlich, da diese auf einem zivilrechtlich wirksamen Schenkungsvertrag zwischen befreundeten Personen erfolgte. Die von D erhoffte Stärkung des Unternehmens sei keine Bedingung für die Schenkung gewesen und führe nicht zur Entgeltlichkeit. Auch ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Aufsichtsratstätigkeit bei der C AG und der Übertragung des Geschäftsanteils sei nicht feststellbar. Für die Berechnung des Verlustes sei auf die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers abzustellen. Auch sei die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers zu bejahen. Für die Beurteilung der Totalgewinnprognose seien die Aufwendungen des Rechtsvorgängers, die der Steuerpflichtige selbst nicht wirtschaftlich getragen hat, aber regelmäßig nicht einzubeziehen.

 

Hinweis

In der Veräußerung der unentgeltlich erworbenen Anteile ist nach Ansicht des Finanzgerichts kein Fall des § 42 AO zu sehen, da dieser Sachverhalt in § 17 Abs. 2 Satz 6 a EStG geregelt ist und diese Spezialvorschrift dem § 42 AO vorgeht. Das gelte auch, wenn die unentgeltliche Übertragung allein dem Zweck gedient hätte, den Wertverlust steuerlich nutzbar zu machen.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 25.11.2015, 2 K 258/14

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