Leitsatz

Umsätze aus einer Verkehrstherapie, mittels derer Verkehrssünder auf das Wiedererlangen des Führerscheins vorbereitet werden, fallen nicht unter die Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 14 UStG. Die Therapien sind keine begünstigten Heilbehandlungen, da sie nicht vorrangig der Behandlung von Krankheiten dienen, urteilte das FG Münster.

 

Sachverhalt

Eine Diplom-Psychologin bot verschiedene Therapien an, mittels derer sie Verkehrssünder auf das Wiedererlangen ihres Führerscheins vorbereitete. Das Ziel der angebotenen Seminare und Kurse war unter anderem, dass die Teilnehmer später die sog. medizinisch-psychologische Untersuchung (im Volksmund "Idiotentest") bestanden. Das Finanzamt unterwarf die Leistungen der Umsatzsteuer und war der Auffassung, dass die Steuerbefreiung für Heilbehandlungen nach § 4 Nr. 14 UStG nicht anwendbar ist.

 

Entscheidung

Das FG teilt die Einschätzung des Finanzamtes und lehnt eine Steuerbefreiung ebenfalls ab. Nach richtlinienkonformer Auslegung setzt § 4 Nr. 14 UStG unter anderem voraus, dass der Unternehmer durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin erbringt. Die (erforderliche) enge Auslegung der Steuerbefreiung und deren Zielsetzung führen das FG zu dem Ergebnis, dass eine begünstigte Heilbehandlung eine Tätigkeit sein muss, die auf die Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und ggf. Heilung von Krankheiten ausgerichtet ist. Das Hauptziel muss somit der Schutz der Gesundheit sein. Die Verkehrstherapien dienen jedoch nicht vorrangig der Behandlung von Krankheiten, sondern sind in erster Linie auf das Wiedererlangen der Fahrerlaubnis ausgerichtet. Diese vorrangige Zielrichtung schließt die Anwendung der Steuerbefreiung aus. Zwar wirken die Therapien auch darauf hin, den Lebensstil der Teilnehmer zu verändern bzw. zu verbessern - diese Zwecksetzung rechtfertigt aber keine Steuerbefreiung, da sie dem nichtmedizinischen Bereich der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen ist.

 

Hinweis

Der BFH wird im anhängigen Revisionsverfahren (Az. XI R 23/11) abschließend klaren müssen, ob die Therapien wirklich aus dem Anwendungsbereich des § 4 Nr. 14 UStG herauszunehmen sind. Bereits mit Urteil vom 18.8.2011 (Az. V R 27/10) hat sich der BFH eingehend mit der Reichweite der Steuerbefreiung auseinandergesetzt. Darin kam der BFH zu dem Ergebnis, dass infektionshygienische Leistungen eines Arztes (z. B. Erstellung von Hygieneplänen, Überprüfung des Desinfektionsverfahrens) unter den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fallen. Im Urteil brachte der BFH zum Ausdruck, dass ein unmittelbarer Dienst am Patienten nicht erforderlich ist, sondern auch Leistungen steuerbefreit sind, die lediglich einen Beitrag zur Heilbehandlung leisten.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 09.08.2011, 15 K 812/10 U

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