Leitsatz

Die in §§ 4f und 9 Abs. 5 Satz 1 EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26.4.2006 (BGBl I 2006, 1091) enthaltene Beschränkung des Abzugs erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten auf zwei Drittel der Aufwendungen und einen Höchstbetrag von 4.000 EUR je Kind verstößt nicht gegen das Grundgesetz.

 

Normenkette

§ 4f, § 9 Abs. 5 Satz 1, § 32 Abs. 6 EStG i.d.F. d. Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26.4.2006, § 33c EStG i.d.F. d. 2. FamFördG vom 16.8.2001

 

Sachverhalt

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war ganzjährig nicht selbstständig beschäftigt, die Klägerin war berufstätig sowie in Mutterschutz. Für den 2001 geborenen Sohn des Klägers aus einer früheren Beziehung entstanden Kosten für den Besuch eines Kindergartens in Höhe von 837 EUR, die das FA zu zwei Dritteln als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten berücksichtigte.

Die auf den vollen Abzug der Betreuungskosten gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (Sächsisches FG, Urteil vom 19.8.2009, 2 K 1038/09, Haufe-Index 2220041).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Kläger als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Der Gesetzgeber hat den Abzug von Kinderbetreuungskosten in den vergangenen Jahren mehrfach grundlegend verändert und sie dabei von den außergewöhnlichen Belastungen zu den Erwerbsaufwendungen und den Sonderausgaben umgesiedelt.

2. Das BVerfG verlangt, dass die durch erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten entstandene Minderung der finanziellen Leistungsfähigkeit in realitätsgerechter Höhe berücksichtigt wird. Der Gesetzgeber darf mit einer sachgerechten Pauschalierung eine Obergrenze festlegen und den Abzug nach seiner Wahl den Erwerbsaufwendungen, den außergewöhnliche Belastungen oder den Sonderausgaben zuordnen.

3. Die im Streitjahr geltenden § 4f und § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG beschränkten den Abzug auf 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind. Diese Beschränkung enthält auch der ab 2012 geltende § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Der BFH hat diese Begrenzung für verfassungsgemäß erachtet, weil sie wesentlich günstiger ist als die vom BVerfG gebilligte Regelung des § 33c EStG i.d.F. d. 2. FamFördG. Danach wurden Kinderbetreuungskosten nur insoweit berücksichtigt, als sie je Kind bei zusammenlebenden, beiderseitig berufstätigen Elternteilen 1.548 EUR und bei nicht zusammenlebenden Elternteilen 774 EUR je Elternteil überstiegen, wodurch eine doppelte steuerliche Berücksichtigung sowohl durch den Betreuungsfreibetrag des § 32 Abs. 6 EStG a.F. als auch durch § 33c EStG a.F. ausgeschlossen wurde. Der BFH ist mithin der in der Literatur geübten Kritik an der "Anrechnung" des BEA-Freibetrags nicht gefolgt, sondern hat es für ausreichend erachtet, dass zusammenlebende, beiderseits erwerbstätige Eltern durch den BEA-Freibetrag und § 4f EStG im VZ 2006 pro Kind bis zu 6.160 EUR entlastet wurden.

4. Ein voller Abzug erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten ist auch nicht aufgrund des objektiven Nettoprinzips geboten, dessen verfassungsrechtliche Konsequenzen häufig überschätzt werden. Der BFH hat darauf verwiesen, dass das BVerfG seine Anforderungen zum Abzug erwerbsbedingter Betreuungskosten unabhängig von der einfach-rechtlichen Ausgestaltung des Abzugs erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten formuliert hat. Ob der Gesetzgeber mit §§ 4f und 9 Abs. 5 Satz 1 EStG die Aufwendungen angesichts des Gesetzeswortlauts "wie Betriebsausgaben" und der dem Nettoprinzip fremden Abzugsbeschränkungen überhaupt als "normalen" Erwerbsaufwand qualifiziert wissen wollte, könne daher offen bleiben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 9.2.2012 – III R 67/09

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