Leitsatz

Kongressveranstaltungen eines Vereins zur Förderung der Open-Source-Software können Zweckbetriebe i.S. von § 68 Nr. 8 AO sein, wenn dabei Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher und belehrender Art durchgeführt werden.

 

Normenkette

§ 68 Nr. 8, § 14, § 65 AO, § 3 Nr. 7 GewStG, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 4 Nr. 22 Buchst. a, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG

 

Sachverhalt

Der Kläger verfolgt gemeinnützige Zwecke bei der Förderung der Volks- und Berufsbildung sowie der Studentenhilfe. Der Vereinszweck besteht darin, die Nutzung freier Software i.S.d. "Open Source Definition", die Möglichkeit der freien Kommunikation und die Bereitstellung von Informationen in Datennetzen zu fördern. Der Kläger veranstaltet in der Regel einmal jährlich einen sog. "E‐Day" und einen "E‐Congress". Dabei handelt es sich um Veranstaltungen für die "E‐Community", zu der Anwender und Programmierer gehören. Die Konferenzen bestehen aus Vorträgen, Diskussionen sowie gemeinsamer Programmierung im Zusammenhang mit dem CMS "E"; in der Lounge finden Ausstellungen statt. Um die Gebühren für die Teilnehmer der Veranstaltung möglichst niedrig zu halten, wurde ein Sponsoring-Programm aufgesetzt. Die Organisatoren und die Vortragenden dürfen für ihre Tätigkeit keine besondere Vergütung erhalten.

Im Jahr 2012 gelangte das FA zu der Auffassung, dass der Kläger mit den "E‐Day"-Veranstaltungen und dem dazugehörigen Sponsoring einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gemäß § 14 AO begründet habe und kein Zweckbetrieb vorliege. Einspruch und Klage zum FG (FG Köln, Urteil vom 7.4.2016, 10 K 2601/13, Haufe-Index 9558631, EFG 2016, 1236) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage in Bezug auf Körperschaftsteuerfestsetzung und die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags statt. Das FG habe zu Unrecht entschieden, dass es sich bei den vom Kläger durchgeführten Veranstaltungen "E Day" und "E Congress" um keine Zweckbetriebe gehandelt habe. Demgegenüber seien die Voraussetzungen von § 68 Nr. 8 AO erfüllt. Die tatsächlichen Feststellungen des FG erlaubten aber keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfüllt seien. Insoweit verwies der BFH die Sache an das FG zurück.

 

Hinweis

1. Nach § 68 Nr. 8 AO gehören zu den Zweckbetrieben auch Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren.

2. Zu den anderen steuerbegünstigten Einrichtungen i.S.v. § 68 Nr. 8 AO gehören auch Vereine, deren Satzungszwecke nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe umfassen.

An die Veranstaltungen belehrender Art i.S.v. § 68 Nr. 8 AO sind keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass bei Veranstaltungen überwiegend Vorträge gehalten werden, die naturgemäß belehrenden Charakter haben.

3.§ 68 Nr. 9 AO ist gegenüber der Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG eigenständig auszulegen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.6.2017 – V R 34/16

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