Leitsatz

Die Feststellungen in einem Strafurteil kann das Finanzgericht übernehmen, wenn keine substantiierten Einwendungen erhoben werden.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH. Nach Feststellungen der Zollfahndung kaufte sie zwischen 1999 und 2002 reinen Alkohol ohne die entsprechenden Steuern zu entrichten. Sie wurde hierfür wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei zu 360 Tagessätzen verurteilt. Im Anschluss an die Verurteilung erließ das Finanzamt gegen die Klägerin einen Haftungsbescheid nach § 71 AO. Hiergegen legte die Klägerin zunächst Einspruch und anschließend Klage ein. Sie führte aus, der Haftungsbescheid sei rechtswidrig. Insbesondere habe sich das Finanzamt nur auf die Feststellungen in dem Strafurteil gestützt.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, da das Finanzgericht ebenfalls zu der Ansicht gelangte, dass der Haftungsbescheid rechtmäßig ergangen sei. Es sei nicht zu beanstanden, dass sich das Finanzamt auf die Feststellungen in dem Strafurteil gestützt habe. Zwar seien die Feststellungen in einem Strafurteil für das Finanzgericht nicht bindend, doch könne sich das Gericht die Feststellungen zu Eigen machen. Dies gelte zumal dann, wenn keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen seitens der Beteiligten erhoben werden würden.

 

Hinweis

Die Entscheidung des Finanzgerichts überrascht nicht, liegt sie doch auf der Linie der langjährigen Rechtsprechung des BFH (allgemein siehe Schwarz, AO, § 71 AO Rz. 7). Unstrittig ist, dass keine Bindung an ein Strafurteil besteht (z. B. BFH, Urteil. v. 13.1.2005, VII B 261/04, BFH/NV 2005 S. 936; aber auch bereits BFH, Urteil v. 13.6.1973, VII R 58/71, BStBl 1973 II S. 666). Dies gilt sowohl für das Finanzamt als auch für das Finanzgericht und ergibt sich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Allerdings sind weder Finanzamt noch Finanzgericht daran gehindert, sich die Feststellungen in einem Strafurteil zu eigen zu machen, wenn keine substantiierten Einwendungen im Haftungsverfahren erhoben werden (BFH, Urteil v. 2.12.2003, VII R 17/03, BFHE 204 S. 380). Da solche Einwendungen hier nicht geltend gemacht wurden, konnten hier die Feststellungen übernommen werden. Insofern ist die Entscheidung als zutreffend anzusehen.

Die Revision wurde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Rechtsfortbildung zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG des Saarlandes, Urteil vom 17.10.2012, 2 K 1524/10

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