Leitsatz

Erhält ein Ehegatte vereinbarungsgemäß einen Teil des Einmalbeitrags, den er für eine vom anderen Ehegatten abgeschlossene Rentenversicherung gezahlt hatte, von dem Versicherungsunternehmen erstattet, weil der andere Ehegatte verstorben ist, bevor die geleisteten Rentenzahlungen die Höhe des Einmalbeitrags erreicht haben, unterliegt der Erstattungsbetrag nicht der Erbschaftsteuer.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 Nr. 4, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Die Ehefrau (E) des Klägers schloss im Juli 2003 bei der B-Lebensversicherung einen Rentenversicherungsvertrag gegen einen einmaligen Gesamtbeitrag von 150.000 EUR ab. Den Beitrag entrichtete der Kläger. Die Rente sollte gezahlt werden, solange E lebt. Für den Fall, dass E verstirbt, bevor die gezahlte Rente den Beitrag erreicht, wurde vereinbart, dass B den Unterschiedsbetrag an den Kläger zurückzahlt. E verstarb im Mai 2006 und wurde vom Kläger allein beerbt. Er erhielt zudem von B den für die Rentenversicherung gezahlten Beitrag (abzüglich der gezahlten Renten) von 126.148 EUR erstattet.

Das FA berücksichtigte bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer diesen Betrag als Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG sah die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG als erfüllt an, weil der Kläger aufgrund des von B mit E geschlossenen Versicherungsvertrags die vereinbarte Versicherungssumme von 126.148 EUR erhalten habe. Für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sei unerheblich, dass der Kläger den Versicherungsbeitrag gezahlt habe (FG Düsseldorf, Urteil vom 23.3.2011, 4 K 2354/08 Erb, Haufe-Index 2754139).

 

Entscheidung

Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er hat aufgrund des vom Kläger selbst entrichteten Versicherungsbeitrags die Besteuerungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG verneint, das FG-Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben.

 

Hinweis

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG "gilt" als Erwerb von Todes wegen jeder Vermögenserwerb, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tod von einem Dritten erworben wird. Hauptanwendungsfall dieser Vorschrift ist der Vertrag zugunsten Dritter. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist z.B. dann einschlägig, wenn in einem Lebensversicherungsvertrag ein Dritter als Bezugsberechtigter mit dem Tod des Erblassers als Versicherungsnehmer den Anspruch gegen die Versicherung auf Auszahlung der Versicherungssumme erwirbt.

1. Vom Typus her ist der nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerpflichtige Erwerb durch Vertrag zugunsten Dritter eine freigebige Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Diese Zuwendung wird nur deshalb den Erwerben von Todes wegen zugerechnet, weil die die Steuerpflicht auslösende Bereicherung des Dritten erst beim Tod des Erblassers als Zuwendendem eintritt.

Auch ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG muss daher alle objektiven und subjektiven Merkmale einer freigebigen Zuwendung aufweisen. Dabei kommt es allein auf das Valutaverhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten – d.h. das Verhältnis, auf dem die Zuwendung des Erblassers an den vertraglich begünstigten Dritten beruht – und nicht auf das Deckungsverhältnis – d.h. das Verhältnis zwischen dem Versprechenden (z.B. Versicherungsgesellschaft) und dem Erwerber – an.

2. In diesem Valutaverhältnis fehlt es an den für die Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erforderlichen Merkmalen einer freigebigen Zuwendung, wenn und soweit der Versicherungsbeitrag durch den Dritten entrichtet wurde und diesem bei vorzeitigem Tod des Versprechensempfängers ein (aufschiebend bedingter) Rückzahlungsanspruch gegen den Versprechenden (Versicherungsgesellschaft) zusteht.

3. Diese Beurteilung entspricht der Linie, auf der sich die Finanzverwaltung (vgl. R E ErbStR 2011) bei der Besteuerung von Leistungen aus einer Lebensversicherung beim Erwerb durch einen Bezugsberechtigten bewegt: Der Erwerb der Versicherungsleistung durch den Bezugsberechtigten ist insoweit nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu besteuern, als die Leistung auf den vom Bezugsberechtigten selbst geleisteten Zahlungen beruht. Dahinter steht letztlich der aus dem Bereichungsprinzip des Erbschaftsteuerrechts abzuleitende Rechtsgedanke, dass die vom Bezugsberechtigten selbst gezahlten Prämien schon seiner Vermögenssphäre zuzurechnen waren und damit eine Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ausschließen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.9.2013 – II R 29/11

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