Leitsatz

1. Strom- und Mineralölsteuer sind Verbrauchsteuern i.S.d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG. Die Einführung der Stromsteuer und die Erhöhung der Mineralölsteuer im Rahmen der ökologischen Steuerreform berühren das Grundrecht der Berufsfreiheit der Verbraucher nicht.

2. Die Differenzierung zwischen produzierendem Gewerbe und Dienstleistungsunternehmen bei der Steuervergünstigung nach § 9 Abs. 3, § 10 Abs. 1 und 2 StromStG sowie nach den §§ 25, 25a MinöStG verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

3. Aus einer Steuervergünstigung für eine Gruppe erwächst aus Art. 3 Abs. 1 GG kein Anspruch einer anderen Gruppe auf eine andere Steuervergünstigung, die wirtschaftlich zu einer vergleichbaren Entlastung führt.

 

Normenkette

Art. 3 Abs. 1 GG , Art. 12 Abs. 1 GG , Art. 14 Abs. 1 GG , § 3 StromStG , § 5 Abs. 1 StromStG , § 9 Abs. 3 StromStG , § 10 StromStG , § 2 MinöStG , § 25 MinöStG , § 25a MinöStG

 

Sachverhalt

Unternehmen des produzierenden Gewerbes i.S.d. Klassifikation des Statistischen Bundesamts können seit Einführung der Ökosteuer Strom (bei entsprechender vorheriger Erlaubnis) zu einem ermäßigten Steuersatz beziehen und bei Überschreitung eines bestimmten Steuerbetrags Erstattung, Vergütung oder Erlass der Steuer erhalten, soweit sie durch die "Öko-Steuer" stärker belastet werden als sie zugleich von Rentenversicherungsbeiträgen entlastet worden sind (Spitzenausgleich). In ähnlicher Weise können solche Betriebe ermäßigt besteuertes Heizöl und Erdgas für die betriebliche Verwendung beziehen und ebenfalls einen mineralölsteuerlichen Spitzenausgleich beanspruchen.

Gegen diese Regelungen hatten sich Betreiber gewerblicher Kühlhäuser, die an der Stromsteuervergünstigung also nicht teilhaben, und Speditionsunternehmen, denen die mineralölsteuerlichen Vergünstigungen nicht zugute kommen, mit Verfassungsbeschwerden gewandt. Sie sahen in der Beschränkung der Steuervergünstigungen auf das produzierende Gewerbe einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

Entscheidung

Die stromsteuerlichen Vergünstigungen stellen zulässige Subventionen für die betroffenen Unternehmen dar. Die Abgrenzung des Kreises der begünstigten Unternehmen ("produzierendes Gewerbe") sei sachgerecht; das Dienstleistungsgewerbe stehe nicht im selben Maß wie das produzierende Gewerbe im internationalen Wettbewerb, so dass dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit, zumal angesichts seines typischerweise hohen Energiebedarfs, durch die vorgenannte Subventionierung habe gesichert werden können. Dass gerade bei den Kühlhäusern in gewissem Umfang ein internationaler Wettbewerb bestehe, habe der Gesetzgeber unberücksichtigt lassen dürfen, ebenso die Verschiebung der Wettbewerbssituation zugunsten des Aufbaus eigener Kühlhauskapazitäten des Produzierenden Gewerbes, die unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes bedeutungslos sei.

Auch die Speditionen könnten sich nicht auf den Gleichheitssatz berufen. Das von ihnen als Kraftstoff benötigte Mineralöl sei ein anderer Besteuerungsgegenstand als der steuerbegünstigte Heizstoff und dürfe deshalb vom Gesetzgeber anders behandelt werden. Auch der Subventionszweck – Schutz vor internationalem Wettbewerb, dem sich auch die Speditionen ausgesetzt sehen – zwinge den Gesetzgeber nicht zu einer Gleichbehandlung der Speditionen und des Produzierenden Gewerbes.

 

Hinweis

1. Gegen Steuergesetze kann sich mit der Verfassungsbeschwerde ebenso wie mit der Klage grundsätzlich nur der Steuerschuldner wenden, nicht auch derjenige, den die Steuerlast – möglicherweise – wirtschaftlich trifft, weil der Steuerschuldner seine Steuerlast auf ihn über den Preis von ihm bezogener Waren abwälzt. Das gilt auch bei Verbrauchsteuern wie der Strom- und Mineralölsteuer, obgleich diese auf eine solche Überwälzung geradezu "angelegt" sind.

Das BVerfG hat deshalb in der Besprechungsentscheidung die Rüge, durch vorgenannte Gesetze seien die gewerblichen Kühlhausbetreiber und die Spediteure in ihrer Berufsfreiheit betroffen (Art. 12 Abs. 1 GG), als unzulässig verworfen; hingegen hat es die Rüge zugelassen, diese Gesetze verzerrten den Wettbewerb und verletzten die Genannten deshalb in ihrem Gleichbehandlungsanspruch (Art. 3 Abs. 1 GG), weil sie den Unternehmen des sog. produzierenden Gewerbes Steuervorteile einräumten, welche sie den gewerblichen Kühlhausbetreibern und Spediteuren versagten.

2. Der Gleichheitssatz verlangt vom Steuerrecht die gleiche Zuteilung der steuerlichen Lasten. Dieses Prinzip zu verwirklichen bzw. seine Beachtung durch den Gesetzgeber zu überprüfen, bringt aber besonders im Verbrauchsteuerrecht Schwierigkeiten mit sich, weil zu berücksichtigen ist, wen die Steuer im Ergebnis "trifft"; dies ist bei Verbrauchsteuern der Konzeption nach der (End-)Verbraucher, der im Allgemeinen nicht auch der Steuerschuldner ist. Gelingt allerdings die Überwälzung der Steuerlast auf ihn im Einzelfall – je nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten kann dies der Fall sein – nicht, bleibt der Steuerschuldner endgültig steuerbela...

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