Zusammenfassung

 
Überblick

Das Steuerrecht kommt nicht damit aus, die möglichen Rechtsverstöße nur mit Mitteln des Verwaltungsrechts (Verspätungszuschlägen, Zinsen, Haftung, verlängerter Festsetzungsfrist usw.) zu sanktionieren. Deshalb wurden diverse Straf- und Bußgeldnormen geschaffen, um Rechtsverstöße zu ahnden. Dabei gilt die grobe Unterscheidung: Eine vorsätzliche Steuerverkürzung beinhaltet eine Straftat (§ 370 AO). Wird die Tat dagegen leichtfertig begangen, liegt eine (bloße) Steuerordnungswidrigkeit vor (§ 378 AO). Der weitergehende Unterschied besteht darin, dass im Fall einer Steuerhinterziehung die Strafe vom Gericht festgesetzt wird. Beim Vorliegen einer Steuerordnungswidrigkeit entscheidet das Finanzamt (Bußgeld- und Strafsachenstelle) über die Festsetzung einer Geldbuße. Bei Sanktionierung wegen einer Steuerordnungswidrigkeit erfolgt keine Eintragung in das Zentralregister.

§§ 371, 378 AO sehen eine Selbstanzeige vor. Wird eine solche wirksam erstattet, entfallen straf- und bußgeldrechtliche Sanktionen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Straf- und Bußgeldvorschriften sind in den §§ 369412 AO geregelt. Weitere ergänzende Regelungen finden sich in den §§ 93 ff. AO, z. B. § 93b AO (Automatisierter Abruf von Kontoinformationen).

1 Steuerhinterziehung

1.1 Tathandlung

Eine Steuerhinterziehung begeht, wer

  • den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
  • die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
  • pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstempeln unterlässt

und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

 
Praxis-Beispiel

Gefälschte Nachweise

Der Steuerpflichtige A macht in seiner Einkommensteuererklärung zu hohe Werbungskosten geltend, wobei er unrichtige (gefälschte) Nachweise verwendet.

Das Gleiche gilt, wenn erzielte Einnahmen dem Finanzamt gegenüber verschwiegen werden.

 
Praxis-Beispiel

Verschweigen von Einnahmen

Der Steuerpflichtige B unterlässt es bewusst, dem Finanzamt gegenüber von ihm erzielte Einnahmen aus der Vermietung seiner Ferienwohnung zu erklären.

1.2 Taterfolg

Für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung ist weiterhin erforderlich, dass es zu einer Steuerverkürzung oder zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil gekommen ist. Steuern sind verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht.[1] Steuervorteile sind auch Steuervergütungen, wie z. B. der Saldo zwischen Vorsteuern und Umsatzsteuern.

Nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, wenn sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden.[2] Solche Vorteile können etwa darin liegen, dass mit falschen Angaben die Vollstreckung von Steuerforderungen verhindert oder verzögert wird.

Welcher Steuerbetrag verkürzt worden ist, ergibt sich i. d. R. aus einem Vergleich der gesetzlich geschuldeten Steuer (also dem Steueranspruch) mit derjenigen Steuer, die aufgrund der unrichtigen oder unvollständigen Angaben festgesetzt worden ist.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung der Steuerverkürzung

Der Steuerpflichtige C legt seiner Steuererklärung gefälschte Belege über Werbungskosten bei. Die Steuer wird auf 5.000 EUR festgesetzt. Die Tat des C fällt auf. Es ergeht ein Änderungsbescheid, der die Steuer nunmehr auf 8.000 EUR festsetzt. Die Steuerverkürzung beträgt 3.000 EUR.

Die vorstehend genannten Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können (sog. Kompensationsverbot).[3]

 
Praxis-Beispiel

Strafmilderung

Der Steuerpflichtige A erzielt aus einem Schwarzgeschäft Umsätze von netto 1 Mio. EUR. Nach Aufdeckung der Sache macht A nachträglich Vorsteuern i. H. v. 50.000 EUR geltend. Steuerlich muss A mit einer Steuernachzahlung von 140.000 EUR rechnen. Strafrechtlich wird über § 370 Abs. 4 Satz 3 AO der gesamte Betrag von 190.000 EUR (19 % USt von 1 Mio. EUR) als Steuerschaden angesehen, wobei jedoch die – durch die Vorsteuer letztlich geringere – steuerliche Auswirkung im Rahmen der Strafzumessung mildernd zu berücksichtigen ist.[4]

[4] Zum Kompensationsverbot allgemein: Bilsdorfer/Weyand, Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrecht, 1993, S. 34 f.; speziell zur USt Spatscheck/Wimmer, DStR 2019 S. 777.

1.3 Vorsätzliches Handeln

Steuerhinterziehung ist nur dann strafbar, wenn der Wille, den Straftatbestand in Kenntnis aller seiner Tatumstände zu verwirklichen, vorhanden ist.[1] Der Täter muss also z. B. wissen, dass die Angaben, die er gemacht hat, unrichtig oder unvollständig sind und dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten kann. Diese Voraussetzungen und Folgen muss er wollen oder zumindest billigend in...

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