Leitsatz

Verpflichtet sich der Unternehmer gegen Entgelt, ein Mietverhältnis einzugehen, ist die Leistung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 8 Buchst. g UStG, Art. 135 Abs. 1 Buchst. c EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Die A-KG beabsichtigte, ein bebautes, aber nur in geringem Umfang vermietetes Grundstück zu veräußern. Der Kaufinteressent wollte das Objekt nur unter der Bedingung erwerben, dass ein bestimmter Anteil der Leerstandsfläche zusätzlich für einen Zeitraum von fünf Jahren vermietet wurde. Die A-KG und die Klägerin vereinbarten daher am 19.2.2007, dass die Klägerin "unmittelbar gegenüber dem Käufer des Grundstücks" Mieterverpflichtungen gemäß dem Entwurf eines Mietvertrags übernehmen sollte. Für die Übernahme dieser Mieterverpflichtung erhielt die Klägerin von der A-KG eine Vergütung von 900.000 EUR. Die A-KG und die Klägerin schlossen noch am selben Tag den Mietvertrag ab. Das Mietverhältnis sollte ab dem 1.4.2007 über fünf Jahre laufen. Die Monatsmiete betrug 15.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Unter Berücksichtigung von Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlungen belief sich der monatliche Gesamtmietzins auf 23.737,53 EUR (darin enthalten Umsatzsteuer in Höhe von 3.790,03 EUR). Die A-KG veräußerte das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 19.2.2007 an den Erwerber. Der Erwerber trat in das zwischen der Klägerin und der A-KG begründete Mietverhältnis ein. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin mit der gegenüber der A-KG eingegangenen Verpflichtung, einen Mietvertrag abzuschließen, eine steuerpflichtige Leistung erbracht habe. Einspruch sowie die Klage beim Finanzgericht (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4.11.2015, 7 K 7351/13, Haufe-Index 9334478, EFG 2016, 1112) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Nach seinem Urteil liegen die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG vor.

 

Hinweis

1. Die Übernahme von Verbindlichkeiten ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStGsteuerfrei. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, der gleichfalls für die Übernahme von Verbindlichkeiten gilt. Diese Bestimmung befreit die Übernahme von Geldverbindlichkeiten, nicht aber auch die Übernahme andersartiger Verpflichtungen wie etwa die Renovierung einer Immobilie.

2. Verpflichtet sich der Unternehmer gegen Entgelt, als Mieter ein Mietverhältnis einzugehen, ist diese Leistung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStGsteuerfrei. Maßgeblich ist hierfür, dass der Unternehmer als Mieter eine Geldverbindlichkeit übernimmt.

Dabei ist nicht danach zu differenzieren, ob der Unternehmer die Verpflichtungen aus einem bereits zuvor abgeschlossenen Mietvertrag von einem Mieter übernimmt oder sich selbst unmittelbar zum Eingehen eines Mietverhältnisses verpflichtet. Beide Fallgestaltungen sind unter Berücksichtigung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität und der daraus ableitbaren Freiheit des Organisationsmodells gleich zu behandeln.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.11.2016 – V R 18/16

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