Mit dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG)[1] wurde ab dem 1.1.2015 ein bundesweiter flächendeckender Mindestlohn i. H. v. 8,50 EUR brutto pro Zeitstunde festgelegt (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 MiLoG).[2]

Seit dem 1.1.2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,82 EUR je Stunde. Zum 1.7.2022 steigt er planmäßig auf 10,45 EUR.[3]

Wesentliche Inhalte

In bestimmten Fällen ergeben sich nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz allerdings andere Branchenmindestlöhne. Einige davon hat die Deutsche Rentenversicherung in einer Liste zusammengestellt.

Die sich aus §§ 1 und 2 MiLoG ergebende Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung eines Arbeitslohns in Höhe des Mindestlohns kann durch die Gewährung von Sachleistungen, wie z. B. durch die Überlassung eines Kfz, nicht erfüllt werden.[4]

Gem. § 3 MiLoG sind Absprachen, die den gesetzliche Mindestlohn unterschreiten, beschränken oder ausschließen, unzulässig. Das gilt auch für außergerichtliche Vergleiche, durch die ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Entgeltanspruchs ausgeräumt wird.[5] Ein Verzicht des Arbeitnehmers auf die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns kommt nur im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs in Betracht.[6]

Der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt.[7] Der Mindestlohn ist für alle Stunden zu zahlen, während derer der Arbeitnehmer die gem. § 611 Abs. 1 BGB geschuldete Arbeit erbringt.[8]

§ 22 MiLoG regelt den persönlichen Anwendungsbereich. So fallen Personen unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung nicht unter das MiLoG (§ 22 Abs. 2 MiLoG). Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie ehrenamtlich Tätigen (§ 22 Abs. 3 MiLoG).

Besonderheiten

Bei bestimmten Praktikanten gelten gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1-4 MiLoG Ausnahmen. § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG definiert, wer Praktikant ist. Die Verpflichtung, auch Praktikanten vorbehaltlich der Ausnahmetatbestände den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen, kann bei einem schriftlich auf 4 Monate befristeten Praktikum nach Ablauf des ersten Monats nicht dadurch im Nachhinein aus der Welt geschafft werden, dass der Arbeitgeber mit dem Betroffenen für die restlichen 3 Monate einen auf nunmehr (noch) 3 Monate befristeten Praktikantenvertrag abschließt und im Rechtsstreit beteuert, die vorherige Abmachung sei nur "missverständlich" abgefasst gewesen.[9]

Anpassungsqualifizierungen im Rahmen von Gleichwertigkeitsfeststellungen nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz sind keine Praktika im mindestlohnrechtlichen Sinne. Sie unterfallen nicht dem persönlichen Geltungsbereich des MiLoG.[10]

Wer ein Pflichtpraktikum absolviert, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung notwendige Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, hat keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.[11]

Gesetzlich nicht geregelt ist, welche Vergütungsbestandteile nicht zum Mindestlohn zählen. Das sind in der Praxis Zuschläge für Sonntag-, Feiertags-[12], Nacht- und Schichtarbeit sowie Überstundenzuschläge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Aufwandsentschädigungen, Trinkgelder, vermögenswirksame Leistungen. Die Erfüllung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn durch Sonderzahlungen setzt voraus, dass die für eine geleistete Arbeitsstunde vertraglich vereinbarte Grundvergütung niedriger ist als der gesetzliche Mindestlohn.[13] Laut BAG gilt zur Auslegung des Mindestlohngesetzes die Rechtsprechung des EuGH[14] zum Arbeitnehmerentsenderecht. Danach sind alle zwingend und transparent geregelten Gegenleistungen des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers Bestandteile des Mindestlohns.[15]

Zulagen für erbrachte Spätschichten können auf einen Mindestlohnanspruch angerechnet werden.[16] Zahlt der Arbeitgeber neben dem monatlichen Bruttogehalt vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat einen Anteil von 1/12 der vertraglich vereinbarten Jahressonderzahlungen, kommt auch diesen Zahlungen in Ansehung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf gesetzlichen Mindestlohn gem. § 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 MiLoG Erfüllungswirkung i. S. v. § 362 Abs. 1 BGB zu.[17]

Bereitschaftszeit ist nicht nur arbeitsschutzrechtlich Arbeitszeit, sondern vergütungspflichtige Arbeit i. S. v. § 611a Abs. 1 BGB. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Mindestlohngesetzes differenziert nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme. Werden Bereitschaftszeiten tariflich oder arbeitsvertraglich nur anteilig als Arbeitszeit berücksichtigt, ändert dies nichts daran, dass jede so erbrachte Zeitstunde mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten ist.[18]

Leistet der Arbeitnehmer Vollarbeit und Bereitschaftsdienst, ist der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn er für die in einem Kalendermonat erbrachte Arbeit – einschließlich der Bereitschaft – mindestens eine Bruttovergütung erh...

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