Rz. 21

[Autor/Stand] Aus der Rechtsprechung sind zur Frage der Befristung auf einen unbestimmten Zeitpunkt folgende Entscheidungen hervorzuheben:

  1. Die Verpflichtung, dem Geldgeber einen bestimmten Teil des Grundstückswertes zu zahlen, wenn binnen bestimmter Frist das Grundstück nicht verkauft ist, ist bestimmt befristet und daher eine abzugsfähige Last.[2] Es wäre aber zu prüfen, ob die Bedingung des Nichtverkaufs aufschiebend oder auflösend war, vgl. dazu § 6 BewG Rz. 22.
 

Rz. 22

  2. Die Bestimmung, dass Lasten, die von einem nur dem Zeitpunkt nach ungewissen Ereignis abhängen, nicht zu berücksichtigen sind, ist nicht auf die ungewiss befristete Fälligkeit, sondern nur auf die ungewiss befristete Entstehung einer Last anwendbar. Es ist daher zu erforschen, ob nach dem Willen der Parteien die Last schon vor Eintritt der Fälligkeit Rechtswirkungen auslösen sollte.[3] In der Entscheidung v. 17.12.1929 hat der RFH zu der dem § 8 BewG entsprechenden Vorschrift des § 151 AO a.F. ausgeführt, dass sich auch bei der Befristung auf einen ungewissen Zeitpunkt die Ungewissheit auf die Entstehung der Last, nicht auf ihre Fälligkeit beziehen muss. Deshalb hat er in diesem Fall entschieden, dass es sich regelmäßig um eine bereits bei Abschluss eines Gutsüberlassungsvertrags entstandene Last handelt, wenn in dem Überlassungsvertrag vereinbart ist, dass der Übernehmer beim Ableben des Überlassenden die Beerdigungskosten und die Abfindungen an die Geschwister des Überlassenden zu tragen habe. In diesem Fall sei nur die Fälligkeit ungewiss. Die Last könne deshalb im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von dem Übernehmer abgezogen werden. M.E. sind die Lasten in einem solchen Fall aufschiebend befristet, vgl. auch Rz. 25.
 

Rz. 23

  3. Kein aufschiebend bedingter oder befristeter Erwerb des Erben besteht, wenn ein Teil des Nachlasses zur Sicherung der Zahlung von Renten bis zum Erlöschen der Rentenrechte zu hinterlegen ist und bis dahin der Erbe über das Vermögen nicht und über die Erträge nur beschränkt verfügen kann.[4] In diesem Falle ist der RFH der Auffassung des Steuerpflichtigen, dass es sich in Ansehung des hinterlegten Vermögens um ein befristetes (von einem Anfangstermin abhängiges) Vermächtnis handle, nicht gefolgt. Um einen Anfangstermin – und zwar um einen solchen, bei dem der Zeitpunkt des Eintritts ungewiss ist – würde es sich nach der Entscheidung nur handeln, wenn das Vermächtnis lediglich von dem Erlöschen der Rentenrechte oder eines Teiles dieser Rechte abhinge, also von sicher eintretenden Ereignissen, bei denen nur der Zeitpunkt des Eintritts ungewiss ist.
 

Rz. 24

  4. Eine Befristung in Form eines Anfangstermins setzt bei einem gegenseitigen Vertrag eine Vereinbarung voraus, durch die das Wirksamwerden einer Leistung bis zum Erreichen des in der Zukunft liegenden Termins aufgeschoben wird. Bei Forderungen ist von der Befristung die sog. Betagung zu unterscheiden, bei der das Fälligwerden der bereits bei Begründung des Schuldverhältnisses entstandenen Forderung von dem Eintritt eines Termins, der zeitmäßig nicht genau feststehen muss, abhängt (s. Rz. 1). Die bei langfristigen Strombezugsverträgen u.a. übernommene Verpflichtung, die Kosten für etwaige Erneuerung von Kraftwerksanlagen im Zeitpunkt ihrer Erneuerung zu erstatten und dafür einen Erneuerungsfonds zu bilden, ist keine befristete Verbindlichkeit. Sie ist nach dem Willen der Vertragsparteien von vornherein entstanden (betagt) und kann – abgezinst – sofort abgezogen werden[5], vgl. auch Vor §§ 4–8 BewG Rz. 2.
 

Rz. 25

  5. Muss bei vorweggenommener Erbfolge ein Kind beim Tod des letztversterbenden Elternteils an einen anderen Abkömmling einen Ausgleichsbetrag zahlen, ist die Verpflichtung aufschiebend bedingt.[6]
 

Rz. 26

  6. Bei einer Grundstücksschenkung unter Nießbrauchsvorbehalt sind die Grundschuldverbindlichkeiten trotz Schuldbeitritt oder -übernahme des Beschenkten nicht vom Schenkungserwerb abzuziehen, solange der schenkende Nießbraucher sich zur Verzinsung und Tilgung verpflichtet oder diese tatsächlich leistet.[7]
 

Rz. 27

  7. Steht bei einem nur teilweise erfüllten gegenseitigen Vertrag aufgrund der getroffenen Vereinbarungen fest, dass die noch nicht erfüllte Leistungspflicht des Erblassers den Erben ebenfalls wirtschaftlich nicht belastet, weil sie erst mit dem Tod des Erben fällig wird, kann sie nach § 6 Abs. 1 BewG und § 8 BewG erst ab diesem Zeitpunkt als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt werden. Die Entstehung der wirtschaftlichen Belastung stellt in einem solchen Fall ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar[8], das bei rechtzeitiger Antragstellung gem. § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 BewG und gegebenenfalls § 8 BewG zu einer Änderung des gegenüber dem Erben ergangenen Erbschaftsteuerbescheids durch Abzug einer Nachlassverbindlichkeit führt. Maßgebend ist dabei der tatsächliche Wert der Verbindlichkeit im Zeitpunkt des Todes des Erben.[9]
[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.03.2021
[2] RFH v. 7.5....

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