Leitsatz

Zahlungen auf offene Kirchensteuern des Erblassers durch den Erben sind bei diesem im Jahr der Zahlung als Sonderausgabe abziehbar.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 4, § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG, § 45 Abs. 1 AO, § 1922 Abs. 1, § 1967 Abs. 1 BGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Miterbin nach ihrem 2009 verstorbenen Vater V. Dieser hatte sein Steuerberatungsbüro Ende 2007 veräußert. Im Streitjahr 2011 führte der erst von den Erben für 2007 erklärte Veräußerungsgewinn zu Änderungen der Einkommensteuerfestsetzungen des V. Folge waren eine Kirchensteuernachforderung für 2007 sowie Kirchensteuererstattungen. Der Differenzbetrag wurde anteilig von der Klägerin im Streitjahr bezahlt. Eine Berücksichtigung dieser Zahlung als Sonderausgabe lehnte das FA ab. Das FG hat der Klage stattgegeben (Hessisches FG, Urteil vom 26.9.2013, 8 K 649/13, Haufe-Index 6330460, EFG 2014, 128). Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidung

Die Revision des FA war aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Erwägungen unbegründet.

 

Hinweis

1. Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG kann der Erbe die (von ihm) gezahlte Kirchensteuer im Jahr der Zahlung als Sonderausgabe abziehen. Eine teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts hat der X. Senat angesichts der – für den Sonderausgabenabzug maßgeblichen – wirtschaftlichen Belastung des Erben durch die Kirchensteuerzahlung nicht als angemessen angesehen und sie dementsprechend ausgeschlossen.

2. Das Urteil bestätigt damit die langjährige BFH-Rechtsprechung, nach der die Kirchensteuer, die ein Steuerpflichtiger in seiner Eigenschaft als Erbe entrichtet, als Sonderausgabe abziehbar ist. Diese Rechtsprechung ist auch nicht durch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007, GrS 2/04 (BStBl II 2008, 608, BFH/NV 2008, 651, Haufe-Index 1939591) überholt, in dem der Große Senat die Rechtsprechung zum Eintritt des Erben in den Verlustabzug nach § 10d EStG änderte; der Große Senat hat vielmehr ausdrücklich an diesen älteren Urteilen zur Kirchensteuer festgehalten.

3. Die Senatsrechtsprechung zur Zuwendungsentscheidung beim Spendenabzug(Urteil vom 21.10.2008, X R 44/05, BFH/NV 2009, 375, Haufe-Index 2102424) kann auf den Kirchensteuerabzug nicht übertragen werden. Denn im Gegensatz zur maßgeblichen tatsächlichen Zahlung bei § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG knüpft § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG mit den "Zuwendungen" über die bloße Zahlung hinausgehend an eine besondere Widmung der Leistung zu einem bestimmten Zweck an.

4. Konsequenz der vorliegenden Entscheidung ist natürlich spiegelbildlich, dass Erstattungen überzahlter Kirchensteuer des Erblassers auf eigene Kirchensteuerzahlungen des Erben anzurechnen sind und damit dessen Sonderausgabenabzug reduzieren.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.7.2016 – X R 43/13

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