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Die Schaffung eines Innovationsfonds beruht nach der Gesetzesbegründung darauf, dass die demographische Entwicklung und der medizinisch-technische Fortschritt die Anforderungen an die Gesundheitsversorgung der Zukunft maßgeblich bestimmen werden. Es sind daher Veränderungen der Versorgungsstrukturen im Hinblick auf eine sektorenverbindende Gestaltung der Gesundheitsversorgung erforderlich. Mit sektorenübergreifenden Versorgungsformen sollen nach den Worten des Bundesgesundheitsministers Brücken zwischen den verschiedenen Versorgungsformen entstehen, was die Fähigkeit im Gesundheitswesen stärkt, den umfassenden Behandlungsbedürfnissen gerade älterer, chronisch und mehrfachkranker Patienten gerecht zu werden. Im Mittelpunkt muss nach seinen Worten die Behandlung der Patienten stehen – und nicht Fach- und Sektorengrenzen. Was im Behandlungsverlauf für den Patienten sinnvoll ist, nutzt aber auch allen Beteiligten an der Behandlung. Durch Abstimmung und Zusammenarbeit können Doppeluntersuchungen vermieden und Behandlungslücken geschlossen werden.

Zur Überwindung der sektoralen Begrenzung der Versorgung und zur Entwicklung neuer Versorgungsformen, die über die bestehende Regelversorgung hinausgehen, ist mit Wirkung zum 23.7.2015 ein Innovationsfonds mit einem Finanzvolumen von 300 Mio. EUR jährlich in den Jahren 2016 bis 2019 geschaffen worden. Über den Innovationsfonds werden in der gesetzlichen Krankenversicherung

  • neue Versorgungsformen zur Weiterentwicklung der Versorgung und
  • die Versorgungsforschung, ausgerichtet auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung,

durch den Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert. Die Vorschrift regelt die Grundlagen der Förderung von neuen Versorgungsformen und der Versorgungsforschung, während die Durchführung nach § 92b zu erfolgen hat.

Die Förderung aus dem Innovationsfonds bzw. die darüber erzielten Ergebnisse zu neuen Versorgungsformen und zur Versorgungsforschung stehen in einem engem Zusammenhang mit der Hauptaufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses, die zur Sicherung der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zu beschließen (vgl. § 92 Abs. 1).

Die eingefügten §§ 92a und 92b bilden eine Einheit, da sich beide auf den Innovationsfonds beziehen. Im Unterschied zu den bisherigen Aufgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses, im Rahmen der untergesetzlichen Ausgestaltung der Versorgung in Richtlinien und Beschlüssen Normen zu setzen, handelt es sich beim Innovationsfonds aber nicht um eine Normsetzung, sondern um die Administrierung der Förderung von Versorgungs- und Forschungsvorhaben. Für die Wahrnehmung dieser Verwaltungsaufgabe war es laut der Gesetzesbegründung notwendig, eine neue funktionsadäquate Struktur zu schaffen.

Die Anbindung des Innovationsfonds an den Gemeinsamen Bundesausschuss bedeutet, dass auf einer hochkarätigen Basis (Innovationsausschuss), welche jeweils einen Vertreter der KBV, der KZBV, der DKG und 3 Vertreter des GKV-Spitzenverbandes sowie den unabhängigen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, 2 Vertreter des BMG, einen Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie 2 Patientenvertreter umfasst (vgl. § 92b Abs. 1 Satz 2), neue bundeseinheitliche Versorgungsformen mit dem vorgeschriebenen Ziel einer Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung und dem hinreichenden Potenzial für eine spätere Einbindung in die Regelversorgung entwickelt werden; die Entwicklung erfolgt dabei aber unabhängig von den jeweiligen, meist unterschiedlichen Interessenlagen der Leistungserbringer bzw. der Krankenkassen, allerdings nach den gesetzlich vorgegebenen Grundlagen..

Damit unterscheiden sich die über den Innovationsfonds geförderten Versorgungsformen z. B. von den Verträgen über die "Besondere Versorgung" nach § 140a, die auch eine die verschiedenen Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende ambulante Versorgung ermöglichen. Allerdings war dieses Instrument zur Identifikation von Innovationen bisher stark durch den politisch gewünschten, legalen Wettbewerb innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung geprägt. Die Krankenkassen haben solche Versorgungsverträge vorrangig dann abgeschlossen, wenn dies mit ihrer jeweiligen Wettbewerbssituation übereinstimmte. Themenstellungen, die für sie unattraktiv waren, blieben im Allgemeinen außen vor, auch wenn es sich vielleicht um echte Versorgungsfortschritte handeln konnte. Wegen des Wettbewerbs unter den Krankenkassen war es bisher auch nicht gelungen, die Verträge nach § 140a, bzw. deren Vorgängerverträge nach §§ 73a, 73c und 140a a. F., nach einer gewissen Vorlaufzeit so allgemeingültig zu bewerten, dass eine Überführung eines kassenindividuellen Vertrages über die besondere Versorgung z. B. durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in die für alle Krankenkassen verbindliche ambulante Regelversorgung, die vertragsärztliche Versorgu...

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