Leitsatz

Verzichtet ein Steuerpflichtiger auf die Erstattung seiner Krankheitskosten, um von seiner privaten Krankenversicherung eine Beitragserstattung zu erhalten, können diese Kosten nicht von den erstatteten Beiträgen abgezogen werden, die ihrerseits die Höhe der abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG reduzieren (Anschluss an die Senatsrechtsprechung zum Selbstbehalt, vgl. Urteile vom 18. Juli 2012, X R 41/11, BFHE 238, 103, BStBl II 2012, 821, und vom 1. Juni 2016, X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55).

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a, § 33 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist privat krankenversichert. Er erhielt im Streitjahr 2013 eine Beitragserstattung. Zur Ermittlung der als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge kürzte er die von ihm gezahlten Beiträge um diese Beitragserstattungen, rechnete aber Krankheitskosten gegen, die er selbst getragen hatte, um die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu erlangen. Das FA war demgegenüber der Auffassung, die Aufwendungen des Klägers, die zu der Beitragserstattung im Streitjahr 2013 geführt hätten, seien bereits im VZ 2012 abgeflossen. Sie seien demzufolge in diesem Jahr, nicht aber im Streitjahr steuerlich zu berücksichtigen. Das FG wies die Klage ab (FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 25.1.2016, 6 K 864/15, Haufe-Index 9598504, EFG 2016, 1515).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers war aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen unbegründet.

 

Hinweis

1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG können Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben abgezogen werden, soweit diese zur Erlangung des sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind. Zu diesen Beiträgen gehören zwar nicht nur die eigentlichen Prämien, sondern auch die üblichen mit dem Versicherungsverhältnis zusammenhängenden und vom Versicherungsnehmer zu tragenden Nebenleistungen. Nach dem Gesetzeswortlaut muss es sich aber um Beiträge "zu" einer Krankenversicherung handeln. Daraus folgt, dass nur solche Ausgaben als Beiträge zu Krankenversicherungen anzusehen sind, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit – als Vorsorgeaufwendungen – letztlich der Vorsorge dienen.

2. Ebenso wie Zahlungen aufgrund von vereinbarten Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstandenen Krankheitskosten (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 18.7.2012, X R 41/11, BFH/NV 2012, 1712, BFH/PR 2012, 339, BStBl II 2012, 821) sind auch die vom Steu­erpflichtigen selbst getragenen Krankheitskosten keine Beiträge zu einer Versicherung. Der Unterschied zum Selbstbehalt liegt lediglich darin, dass dort bereits im Vorhinein verbindlich auf einen Versicherungsschutz verzichtet wird, während sich der Steuerpflichtige im anderen Fall erst bei Vorliegen der konkreten Krankheitskosten entscheiden kann, ob er sie selbst tragen will, um die Beitragserstattungen zu erhalten. Dies ändert aber nichts daran, dass in beiden Konstellationen der Versicherte die Krankheitskosten nicht trägt, um den Versicherungsschutz als solchen zu erlangen.

3. Da im Streitfall die zumutbare Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG nicht überschritten wurde, musste der X. Senat nicht entscheiden, ob die selbst getragenen Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG steuerlich berücksichtigt werden könnten. Es könnte indes fraglich sein, ob eine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG in den Fällen bejaht werden kann, in denen der Steuerpflichtige auf die ihm zustehende Erstattung der Krankheitskosten (freiwillig?) verzichtet, um eine Beitragserstattung zu erhalten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.11.2017 – X R 3/16

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