Rz. 138

Die zur Vermeidung einer Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG notwendige Dauer der Anwendung des § 9 UStG auf die gem. § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien Vermietungsumsätze von 10 Jahren führt erfahrungsgemäß nicht dazu, dass die aus den Herstellungskosten eines Mietgebäudes (sofort) abziehbaren Vorsteuern von den in diesen 10 Jahren anfallenden USt auf die Mieten übertroffen werden. Dementsprechend führt die 10-jährige Versteuerung mit Vorsteuerabzug zu einem finanziellen Vorteil gegenüber der Steuerbefreiung mit Ausschluss des Vorsteuerabzugs. Unter der Geltung des nur 5-jährigen Berichtigungszeitraums gem. § 15 Abs. 7 UStG 1967 war dieser Vorteil besonders groß. Deshalb ergab sich schon bald nach Inkrafttreten des UStG 1967 ein wirtschaftlich starker Anreiz, möglichst auch dann § 9 UStG auf die steuerfreien Vermietungsumsätze anwenden zu können, wenn die Mieter nicht Unternehmer sind. Für den Bereich des Mietwohnungsbaus wurde dafür in der Praxis die sog. Zwischenvermietung als Gestaltungsmöglichkeit gefunden. Mit der Vermietung einer Wohnung durch den Eigentümer nicht unmittelbar an den privaten Endmieter, sondern an einen Mieter, der seinerseits die Wohnung an die Endmieter weitervermietet (gestattet durch den Eigentümer), wurde erreicht, dass das Tatbestandsmerkmal des § 9 Abs. 1 UStG "Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen" (Rz. 77ff.) erfüllt wird. Damit konnten die gem. § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien Vermietungsumsätze von Wohnungen der Steuer unterworfen werden und der Unternehmer gelangte somit in den Genuss des Vorsteuerabzugs.

 

Rz. 139

Verbunden mit dem ertragsteuerlichen Vorteil aus dem Abzug hoher Werbungskosten im Zusammenhang mit der Herstellung von Mietwohnungen wurde ungefähr seit dem Jahr 1970 bis zum Wirksamwerden der Änderung des § 9 UStG zum 1.4.1985 (Rz. 11, Rz. 152) die Zwischenvermietung fester Bestandteil aller sog. Bauherren-, Erwerber-, Mietkauf- und ähnlicher Modelle in vielfältigen Spielarten.

Von Anfang an war umstritten, ob die Zwischenvermietung von Wohnungen als mit dem Sinn und Zweck des § 9 UStG grundsätzlich unvereinbar und damit als missbräuchlich i. S. v. § 42 AO anzusehen sei.[1]

 

Rz. 140

Die Verwaltung stand der Zwischenvermietungs-Praxis zwar skeptisch gegenüber, anerkannte aber durchaus beim Nachweis wirtschaftlich vernünftiger Gründe, die sich nicht nur aus dem Vorsteuervorteil ergeben durften, die Einschaltung eines Zwischenvermieters durch den Eigentümer. Insbesondere nachdem bei der Beratung des § 9 UStG 1980 die im Regierungsentwurf eines UStG 1979[2] enthaltene Einschränkung der Optionsmöglichkeit bei der Wohnraumvermietung vom Bundestag abgelehnt wurde, weil diese Einschränkung "die Rahmenbedingungen für den Mietwohnungsbau verschlechtern" würden[3], konnte von einer grundsätzlichen Unzulässigkeit der Zwischenvermietung nicht mehr ausgegangen werden. Allerdings hatte der Bundestags-Finanzausschuss auf die Möglichkeit der Anwendung des § 42 AO bei Zwischenvermietungen ausdrücklich hingewiesen. Außerdem erwähnte er § 15a UStG.

 

Rz. 141

In dem BMF v. 27.6.1983[4] wurden von der Verwaltung nähere Merkmale bestimmt, bei deren Vorliegen eine Zwischenvermietung anzuerkennen war. Zu den abgabenrechtlichen Problemen, die sich u. a. im Hinblick auf das Steuergeheimnis gem. § 30 AO 1977 aus den vorgesehenen Mitteilungen des für den Zwischenvermieter zuständigen FA an die für die Bauherren zuständigen FÄ ergeben können, s. den Beschluss des BFH v. 16.10.1986.[5]

 

Rz. 142

Der BFH befasste sich erstmals in den Urteilen v. 15.12.1983[6] mit der Problematik der Zwischenvermietung. In diesen Urteilen versagte der BFH den Klägern den Vorsteuerabzug, den diese wegen der Einschaltung eines Zwischenvermieters, an den steuerpflichtig vermietet wurde, geltend gemacht hatten. Der BFH hielt diese Einschaltung nach den jeweils zugrunde liegenden Sachverhalten für missbräuchlich i. S. v. § 42 AO. Die Einschaltung eines Zwischenvermieters war nach Auffassung des BFH wirtschaftlich unangemessen und teilweise sogar unsinnig; die wirtschaftlich angemessene Gestaltung wäre der Einsatz eines Hausverwalters gewesen. Damit eliminierte der BFH zwar das Mietverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Zwischenvermieter; gleichwohl gelangte der BFH aber nicht zur Annahme, es liege dafür eine steuerfreie und damit vorsteuerabzugsschädliche Vermietung des Eigentümers unmittelbar an die nichtunternehmerischen Endmieter vor. Der BFH nimmt vielmehr an, dass der vermietende Eigentümer sein Mietobjekt nichtsteuerbar zur Erlangung einer Geschäftsbesorgungsleistung dem Zwischenvermieter zur Verfügung stellt. Die vom Zwischenvermieter an die Endmieter erbrachte steuerfreie Vermietungsleistung muss sich der Eigentümer für die Frage der Verwendung des Mietobjekts i. S. v. § 15 Abs. 2 UStG zurechnen lassen. § 15 UStG ist nach Auffassung des BFH vom Prinzip der wirtschaftlichen Zuordnung insofern gekennzeichnet, als auch Umsätze, welche ein Unternehmer nicht selbst bewirkt, sondern von einem Dritten a...

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