Rz. 104

Steuerfrei sind die Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Kriegsschiffen, wenn die Versorgungsgüter für Fahrten bestimmt sind, bei denen ein Hafen oder Ankerplatz außerhalb des deutschen Küstengebietes angelaufen werden soll. Hierdurch soll die Versorgung von Kriegsschiffen im Inland der Versorgung in einem Hafen im Ausland gleichgestellt werden. Die Steuerbefreiung gilt für die Versorgung ausländischer und auch deutscher Kriegsschiffe. Die Versorgung ausländischer Kriegsschiffe ist gem. § 6 Abs. 3 UStG nicht mehr als Ausfuhrlieferung steuerfrei. Die Steuerbefreiung für die Versorgung deutscher Kriegsschiffe ist dagegen neu. Sie stellt einen Fremdkörper innerhalb des deutschen Steuerrechts dar, das eine Vorzugsstellung des Militärs gegenüber der Besteuerung im Allgemeinen und der Besteuerung von Behörden im Besonderen nicht kennt (Ausnahmen: Steuer- und Zollfreiheit für Verteidigungsgut). Die Einführung dieser Steuerbefreiung erfolgte im Rahmen der Anpassung des Umsatzsteuerrechts an die 6. EG-Richtlinie, die in Art. 15 Nr. 4 Buchst. c (nunmehr Art. 148 Buchst. b MwStSystRL) eine entsprechende Steuerbefreiung vorsieht. Die Steuerbefreiung für Kriegsschiffe kann vom nationalen Gesetzgeber eingeschränkt werden.[1]

 

Rz. 105

Wie die MwStSystRL knüpft auch der deutsche Gesetzgeber die Begriffsbestimmung "Kriegsschiffe" an Unterpos. 8906 10 00 der KN.

Demnach sind von der Begünstigung Schiffe ausgeschlossen,

(1) die eigens zum Schleppen oder Schieben anderer Wasserfahrzeuge gebaut sind (Schlepper und Schubschiffe, Pos. 8904 KN; Rz. 38);
(2) Feuerschiffe, Feuerlöschschiffe, Schwimmbagger, Schwimmkräne und andere Wasserfahrzeuge, bei denen das Fahren im Vergleich zu ihrem Verwendungszweck von untergeordneter Bedeutung ist; Schwimmdocks; schwimmende oder tauchende Bohr- oder Förderplattformen, Pos. 8905 KN (Rz. 44, Rz. 46);
(3) Wasserfahrzeuge zum Abwracken der Pos. 8908 KN (Rz. 45).

Die in den Pos. 8904, 8905 und 8906 KN genannten Wasserfahrzeuge sind auch dann nicht durch die Steuerbefreiung gem. § 8 Abs. 1 Nr. 4 UStG 1980 begünstigt, wenn sie in den Dienst der Kriegsmarine gestellt sind.

 

Rz. 106

Zu der Unterpos. 8906 10 00 KN gehören nach den HS-Erläuterungen Kriegsschiffe aller Art, in erster Linie Kampfschiffe, bestückt mit unterschiedlichen Angriffs- und Verteidigungswaffen und mit Schutzeinrichtungen gegen Beschuss (z. B. Panzerung oder mit vielen wasserdichten Schotten) oder mit Unterwasservorrichtungen (antimagnetischer Schutz gegen Minen). Sie sind i. d. R. u. a. mit Ortungs- und Abhöreinrichtungen, wie Radargeräten, Sonargeräten, Infrarot-Suchgeräten sowie mit Geräten zum Stören des Funkverkehrs ausgestattet. Unter diese erste Kategorie fallen Kreuzer, Zerstörer, Korvetten, Fregatten, Begleitschiffe, Minenleger und Minenräumboote, Unterseeboote (einschließlich der Kleinst-U-Boote zum Befördern von Kampfschwimmern), Flugzeugträger (einschließlich Hubschraubträger) sowie Torpedo- und Raketenschnellboote.

 

Rz. 107

Diese Schiffe unterscheiden sich von den Handelsschiffen u. a. dadurch, dass sie

  1. i. d. R. eine höhere Geschwindigkeit erreichen können und meistens eine bessere Manövrierfähigkeit besitzen,
  2. zum Aufnehmen einer stärkeren Besatzung eingerichtet sind,
  3. einen größeren Vorrat an Treibstoffen aufnehmen können und
  4. Munitionskammern besitzen.
 

Rz. 108

Hierher gehören aber auch besonders eingerichtete Schiffe, die, obgleich weder bewaffnet noch gepanzert, ihrer Beschaffenheit nach erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich zu Kriegszwecken bestimmt sind (z. B. Landungsboote und Trossschiffe wie Munitions- oder Minentransportschiffe). Schließlich fallen unter den Begriff der Kriegsschiffe nach Unterpos. 8906 10 00 auch bestimmte Schiffe, die mehrere Merkmale von Kriegsschiffen haben, jedoch von Behörden (z. B. Zoll oder Polizei) verwendet werden. Für die Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 UStG ist nicht darauf abzustellen, ob das Schiff von der Kriegsmarine betrieben wird; es kommt allein darauf an, dass das Schiff die Voraussetzungen eines Kriegsschiffs i. S. v. Unterpos. 8906 90 10 des KN erfüllt.

 

Rz. 109

Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung ist, dass das Kriegsschiff einen Hafen oder einen Ankerplatz im Ausland und außerhalb des Küstengebiets anlaufen soll. Es wird nicht nach der Nationalität des Kriegsschiffes unterschieden. Auch ausländische Kriegsschiffe genießen die Steuerbefreiung, wenn sie von einem deutschen Hafen in einen ausländischen Hafen oder ausländischen Ankerplatz auslaufen. Die Einengung der Steuerbefreiung auf einen Hafen oder einen zu einem Hafen gehörenden Ankerplatz[2] findet im Gesetz keinen Anhaltspunkt. Die Steuerbefreiung wird auch gewährt werden müssen, wenn zwar die Absicht vorlag, im Ausland zu ankern, das Kriegsschiff im Ausland aber nicht ankern konnte. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen bei der Versorgung ausländischer Kriegsschiffe stets erfüllt sind. Bei der Versorgung von Kriegsschiffen der Bundeswehr muss die Voraussetzung...

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