Rz. 13

§ 8 UStG bezweckt neben anderen Vorschriften (Rz. 24, Rz. 25) die Begünstigung der unternehmerischen Seefahrt und internationalen Luftfahrt. Er trägt zu einer Sonderstellung der Unternehmer der Seeschifffahrt und der internationalen Luftfahrt bei, durch die diese Unternehmer weitgehend gleichsam außerhalb des Umsatzsteuerrechts gestellt werden. Da die Unternehmer der Seeschifffahrt, aber auch der internationalen Luftfahrt vorwiegend ihre Leistungen im umsatzsteuerrechtlichen Ausland erbringen, werden diese Leistungen von der USt nicht erfasst, weil sie schon nicht steuerbar sind. Leistungen an Unternehmer der Luft- und Seeschifffahrt können ebenfalls gelegentlich im umsatzsteuerrechtlichen Ausland, z. B. in den Freihäfen Bremerhaven oder Cuxhaven, erbracht bzw. dorthin verlegt werden, z. B. anlässlich der Durchführung sog. Übergabeflüge oder -fahrten. Die Umsätze an die Seeschifffahrt und die internationale Luftfahrt werden Ausfuhrumsätzen gleichgestellt.[1]

 

Rz. 14

Liefert ein Unternehmer ein in § 8 UStG bezeichnetes Fahrzeug in das Drittland oder nimmt er an einem derartigen Fahrzeug der Ausfuhr Umbauten, Wartungen oder Instandsetzungen vor, kann es sich um eine Ausfuhrlieferung oder Lohnveredelung an einem Gegenstand der Ausfuhr handeln, die bei Vorliegen der Voraussetzungen nach §§ 6 und 7 UStG gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Letztere kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn z. B. rechtliche oder tatsächliche Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 UStG bestehen (Rz. 160ff.). Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für Lieferungen in das übrige Gemeinschaftsgebiet als steuerfreie i.g. Lieferung gem. §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a UStG. In diesen Fällen steht es dem leistenden Unternehmer frei, die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 2 oder gem. § 4 Nr. 1 UStG in Anspruch zu nehmen. Für Lohnveredelungen innerhalb des Binnenmarkts gibt es seit dem 1.1.1996 keine dem § 4 Nr. 1 UStG gleichgestellte Steuerbefreiung mehr. In der Zeit vom 1.1.1993 bis 31.12.1995 war in § 6a Abs. 2 Nr. 2 UStG die einer i.g. Lieferung gleichgestellte Lohnveredelung genannt. Durch eine Neuregelung mWv 1.1.1996[2] wurde die Fiktion der innergemeinschaftlichen Lohnveredelung als innergemeinschaftliche Lieferung aufgehoben. Seither können diese sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit der Seeschifffahrt oder Luftfahrt lediglich unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 2, 8 UStG von der Umsatzsteuer befreit sein.

 

Rz. 15

Die Steuerbefreiung nach § 8 UStG entfaltet zudem im Bereich der sonstigen Leistungen wegen der Ortsvorschrift des § 3a Abs. 2 UStG allenfalls noch Bedeutung für Umsätze an Abnehmer oder Auftraggeber, die im Inland ansässig sind. Diese können die ihnen gesondert in Rechnung gestellte und entrichtete USt als Vorsteuer geltend machen. In solchen Fällen bewirkt die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 2 UStG lediglich, dass die Umsatzsteuerentlastung vorverlegt wird. Die Unternehmer der Seeschifffahrt und der internationalen Luftfahrt können die an sie bewirkten Leistungen umsatzsteuerfrei beziehen, weil bereits die an sie leistenden Unternehmer, z. B. Werften, für diese Leistungen die Steuerfreiheit in Anspruch nehmen.

 

Rz. 16

Für die Unternehmer der Seeschifffahrt und der internationalen Luftfahrt führt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 2 UStG damit einerseits zur Verwaltungs- und Arbeitsvereinfachung, denn sie zahlen den an sie leistenden Unternehmern keine USt und müssen daher für Vorsteuerzwecke keine Aufzeichnungen oder Nachweise führen und als im Ausland ansässige Unternehmer ggf. auch nicht das sog. Vergütungsverfahren des § 18 Abs. 9 UStG in Anspruch nehmen. Ein echter steuerlicher Vorteil besteht zudem für diejenigen im Drittland ansässigen Unternehmen, die mit Deutschland keine Gegenseitigkeit vereinbart haben und deshalb nicht am Vergütungsverfahren teilnehmen dürfen.[3] Andererseits bedingt das Erlangen der Steuerbefreiung grundsätzlich das Befolgen besonderer Aufzeichnungspflichten und weiterer Nachweise gem. § 8 Abs. 3 UStG i. V. m. § 18 UStDV, die der EuGH[4] in ständiger Rechtsprechung, von Einzelfall gelagerten Ausnahmen abgesehen, sogar als materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung einstuft. Zudem beinhaltet § 4 Nr. 2 UStG – wie bei allen Steuerbefreiungen – Risiken durch irrtümlichen Steuerausweis bei nicht erkannter Steuerbefreiung oder fehlendem Steuerausweis bei irrtümlich angenommener Steuerbefreiung in Rechnungen mit den bekannten Rechtsfolgen.[5]

 

Rz. 17

Schließlich kann die Steuerbefreiung für die Unternehmer der Seeschifffahrt und internationalen Luftfahrt Steuerfinanzierungsvorteile bringen. Durch die Steuerfreiheit der Vorumsätze wird eine laufende Erstattung höherer Vorsteuerbeträge vermieden, weil diese Unternehmer für gewöhnlich wegen ihrer nichtsteuerbaren Leistungen im Ausland einen Vorsteuerüberhang ausweisen würden.

 

Rz. 18

Die Vorteile, die mit der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 2 UStG für die Unternehmer der Seeschifffahrt und der internationalen Luftfahrt verbunden ...

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