Rz. 89

Der leistende Unternehmer hat für das Erlangen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG die in § 7 Abs. 1 S. 1 UStG genannten Voraussetzungen für die Lohnveredelung an Gegenständen der Ausfuhr sowie für die durch weitere Beauftragte erfolgte Lohnveredelung[1] nachzuweisen (§ 7 Abs. 4 UStG). Den Nachweis über den Erwerb oder die Einfuhr von Gegenständen zu Zwecken der Veredelung im Inland könnte nur der Auftraggeber selbst bestätigen. Ein entsprechender Belegnachweis ist nach § 12 UStDV nicht verlangt. Der leistende Unternehmer kann daher lediglich die Umstände der Veredelung selbst aufzeichnen.[2] Eine besondere Aufzeichnungspflicht ist in § 13 UStDV nicht vorgeschrieben. Wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, hat das BMF aufgrund der Ermächtigung in § 7 Abs. 4 S. 2 UStG in den §§ 12 und 13 UStDV geregelt. In § 12 UStDV wird hinsichtlich des Ausfuhrnachweises auf die entsprechenden Regelungen der §§ 8 bis 11 UStDV zum Ausfuhrnachweis nach § 6 UStG verwiesen. Der Nachweis der Ausfuhr des Gegenstands, an dem die Lohnveredelung durchgeführt worden ist, ist als Beleg- und Buchnachweis zu führen. § 13 UStDV regelt neben dem Buchnachweis für Ausfuhrlieferungen (§ 6 UStG) auch den der Lohnveredelung an Gegenständen der Ausfuhr.

 

Rz. 90

Nach der früheren Auffassung war der insgesamt zu führende Beleg- und Buchnachweis materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Lohnveredelung; er hatte rechtsgestaltenden Charakter. Die Vorschriften über den Nachweis waren keine bloßen Ordnungsvorschriften,[3] sondern eine zusätzliche Bedingung für die Steuerbefreiung.[4] War die Voraussetzung des Nachweises nicht erfüllt, so war die Steuerfreiheit selbst dann zu versagen, wenn die sachlichen Voraussetzungen gegeben waren[5] und der Beleg- und Buchnachweis nur infolge eines Irrtums oder sogar ohne jedes Verschulden des Steuerpflichtigen unterblieben war.[6]

 

Rz. 91

Die frühere von der Rechtsprechung, der Finanzverwaltung und der Literatur vertretene Auffassung der materiell-rechtlichen Bedeutung des Beleg- und Buchnachweises ist durch die Rechtsprechung des EuGH überholt (§ 6 UStG Rz. 264ff.). Nach der aktuellen Auffassung wird in § 7 Abs. 4 UStG i. V. m. §§ 8ff. UStDV bestimmt, wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat. Kommt der Unternehmer diesen seinen Nachweispflichten nicht nach, kann die Steuerbefreiung grds. nicht gewährt werden. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die materiellen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 UStG vorliegen. In diesem Fall ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 7 Abs. 4 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbracht hat.[7] Dient der Verstoß gegen die Nachweispflichten nach § 7 Abs. 4 UStG aber dazu, eine Steuerhinterziehung zu ermöglichen, kann der Unternehmer die Steuerbefreiung für die Lohnveredelung auch nicht aufgrund des objektiven Nachweises ihrer Voraussetzungen in Anspruch nahmen. Soweit der EuGH bisher nur Gelegenheit gehabt hat, zum Nachweiserfordernis für innergemeinschaftliche Lieferungen zu entscheiden, lassen sich die dort entwickelten Grundsätze auf die Lohnveredelung übertragen.[8]

 

Rz. 92

Ohne Nachweis ist nicht nachvollziehbar, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen. Es ist Aufgabe des Unternehmers, der die Steuerbefreiung beansprucht, den Geschäftsvorfall in seinen Büchern aufzuzeichnen und die belegmäßigen Nachweise für die Steuerbefreiung vorzulegen.[9] Der Nachweis kann nicht dadurch geführt werden, dass der Unternehmer die Mitwirkung der Finanzverwaltung des Bestimmungsstaates anregt oder gar zu erzwingen sucht. Die Vorschriften über die Amtshilfe[10] sind nicht für den Steuerpflichtigen zur Erleichterung seines Nachweises erlassen, sondern zu dessen Kontrolle.[11] Grundsätzlich hat der Unternehmer die Aufzeichnungen für den Beleg- und Buchnachweis unmittelbar im Anschluss an die Geschäftsvorfälle zu führen (§ 6 UStG Rz. 431ff.). Als verbindliche Dokumentation der Geschäftsvorfälle in buchhalterischer Form ist der Nachweis Grundlage einer erst nachfolgenden Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit. Der Beleg- und Buchnachweis kann in begründeten Fällen auch in anderer Form geführt werden, als er in § 13 UStDV vorgegeben wird. Nach der Rechtsprechung des EuGH[12] kann der Unternehmer die Nachweise der Lohnveredelung zu jedem Zeitpunkt im Verfahren nachholen. Etwas anderes gilt dann, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen in §§ 8ff. UStDV den Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind.

 

Rz. 93

Die MwStSystRL enthält keine Vorschriften über die Nachweispflichten für Lohnveredelungen. Nach der allgemeinen Bestimmung des Art. 131 der MwStSystRL können die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung von Steuerbefreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch Bedingungen festle...

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