Rz. 410

Nach § 6 Abs. 4 i. V. m. § 13 UStDV müssen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung im Geltungsbereich der UStG buchmäßig nachgewiesen sein. Diese Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein. Die Vorschriften über den buchmäßigen Nachweis sind zu unterscheiden von der Aufzeichnungspflicht nach § 22 UStG. Während die Aufzeichnung der Entgelte usw. für jeden Unternehmer bindend vorgeschrieben ist, liegt der Buchnachweis im eigenen Interesse desjenigen Unternehmers, der eine Steuerbefreiung erlangen will.

 

Rz. 411

Nach der früheren Auffassung war der Buchnachweis materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung; er hatte rechtsgestaltenden Charakter. Die Vorschriften über den Buchnachweis waren keine bloßen Ordnungsvorschriften[1], sondern eine zusätzliche Bedingung für die Steuerbefreiung.[2] War die Voraussetzung des Buchnachweises nicht erfüllt, so war die Steuerfreiheit selbst dann zu versagen, wenn die sachlichen Voraussetzungen gegeben waren[3] und der Buchnachweis nur infolge eines Irrtums oder sogar ohne jedes Verschulden des Steuerpflichtigen unterblieben war.[4]

 

Rz. 412

Die früher von Rechtsprechung, Finanzverwaltung und Literatur vertretene Auffassung der materiell-rechtlichen Bedeutung des Buchnachweises ist durch die Rechtsprechung des EuGH überholt (Rz. 264ff.). Nach der aktuellen Auffassung wird in § 6 Abs. 4 UStG i. V. m. §§ 8ff. UStDV bestimmt, wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat. Kommt der Unternehmer diesen seinen Nachweispflichten nicht nach, kann die Steuerbefreiung einer Ausfuhrlieferung nicht gewährt werden. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die materiellen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 bis 3a UStG vorliegen. In diesem Fall ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6 Abs. 4 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbracht hat.[5]

 

Rz. 413

Dient der Verstoß gegen die Nachweispflichten nach § 6 Abs. 4 UStG aber dazu, eine Steuerhinterziehung zu ermöglichen, kann der Unternehmer die Steuerbefreiung für die Ausfuhrlieferung auch nicht aufgrund des objektiven Nachweises ihrer Voraussetzungen in Anspruch nehmen. Zwar hat der EuGH bisher nur Gelegenheit gehabt, zum Nachweiserfordernis für innergemeinschaftliche Lieferungen zu entscheiden, doch lassen sich die dort entwickelten Grundsätze auf die Ausfuhrlieferungen übertragen.[6]

 

Rz. 414

Ohne Nachweis ist nicht nachvollziehbar, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen. Es ist Aufgabe des Unternehmers, der die Steuerbefreiung beansprucht, den Geschäftsvorfall in seinen Büchern aufzuzeichnen und die belegmäßigen Nachweise für die Steuerbefreiung vorzulegen.[7] Der Nachweis kann nicht dadurch geführt werden, dass der Unternehmer die Mitwirkung der Finanzverwaltung des Bestimmungsstaates anregt oder gar zu erzwingen versucht. Die Vorschriften über die Amtshilfe[8] sind nicht für den Steuerpflichtigen zur Erleichterung seines Nachweises erlassen, sondern zu dessen Kontrolle.[9] Grundsätzlich hat der Unternehmer die Aufzeichnungen für den Buchnachweis unmittelbar im Anschluss an die Geschäftsvorfälle zu führen (Rz. 431ff.). Als verbindliche Dokumentation der Geschäftsvorfälle in buchhalterischer Form ist er Grundlage einer erst nachfolgenden Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit. Der Buchnachweis kann in begründeten Fällen auch in anderer Form geführt werden, als er in § 13 UStDV vorgegeben wird. Nach der Rechtsprechung des EuGH[10] kann der Unternehmer die Nachweise der Ausfuhrlieferung, also auch den Buchnachweis zu jedem Zeitpunkt im Verfahren nachholen. Das bedeutet aber, dass der Buchnachweis grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt vorliegen muss, zu dem der Unternehmer die Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Ausfuhrlieferung abzugeben hat. Nach diesem Zeitpunkt kann der Unternehmer die buchmäßigen Aufzeichnungen, die der Ausfuhrlieferung dem Grund nach vorliegen müssen, nur noch berichtigen oder ergänzen.[11] Etwas anderes gilt dann, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen in § 13 UStDV den Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind.

 

Rz. 415

Die MwStSystRL enthält keine Vorschriften über die Nachweispflichten für Ausfuhrlieferungen. Nach der allgemeinen Bestimmung des Art. 131 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung von Steuerbefreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch Bedingungen festlegen. Außerdem hat jeder Steuerpflichtige gemäß Art. 242 MwStSystRL Aufzeichnungen zu führen, die so ausführlich sind, dass sie die Anwendung der Mehrwertsteuer und ihre Kontrolle durch die Steuerverwaltung ermöglichen.

 

Rz. 416

Die einzelstaatlichen Bedingungen dürfen jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH nicht die Neutralität der Mehrw...

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