Rz. 145

Die Anerkennung einer steuerfreien Ausfuhr wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Gegenstand der Lieferung durch Beauftragte vor der Ausfuhr be- oder verarbeitet wird.[1] Diese Vorschrift war erforderlich, weil nach einer durch den Beauftragten vorgenommenen Be- oder Verarbeitung der ausgeführte Gegenstand und der Liefergegenstand nicht mehr identisch sind.

 

Rz. 146

Eine steuerliche Zulassung für eingeschaltete Beauftragte ohne Rücksicht darauf, ob sie die ihnen übergebenen Gegenstände selbst bearbeiten, ist im Gegensatz zum UStG 1951 nicht mehr erforderlich. Die Beschränkung der Steuerfreiheit auf Be- und Verarbeitungen durch inländische Beauftragte des ausländischen Abnehmers oder eines folgenden ausländischen Abnehmers vor der Ausfuhr, wie sie nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 UStG 1967/1973 vorgesehen war, wurde aufgegeben. Nach § 6 Abs. 1 S. 2 UStG kommt es weder für den Beauftragten noch für den Auftraggeber darauf an, ob diese ihren Wohnort oder Sitz im Inland oder im Ausland haben.

 

Rz. 147

Auftraggeber kann nur der Abnehmer oder ein folgender Abnehmer sein, weil die Steuerbefreiung eine Lieferung voraussetzt. An dieser würde es fehlen, wenn der Unternehmer Auftraggeber wäre.[2] Erteilt der liefernde Unternehmer oder ein vorangegangener Lieferer den Be- oder Verarbeitungsauftrag, so ist die Ausführung dieses Auftrags ein der Lieferung des Unternehmens vorgelagerter Umsatz. In diesem Fall ist Gegenstand der Lieferung der be- oder verarbeitete Gegenstand und nicht der Gegenstand vor seiner Be- und Verarbeitung.

 
Praxis-Beispiel

Ein Ausländer beauftragt einen inländischen Unternehmer, einen Schiffsrumpf herzustellen und an einen weiteren inländischen Unternehmer zu verbringen, der mit den Aufbauten und dem Innenausbau beauftragt war, und übernimmt das fertige Schiff zur Ausfuhr.

Bei der Herstellung des Schiffsrumpfs handelt es sich um eine Werklieferung, die als Ausfuhrlieferung steuerfrei ist, wenn der Besteller nachweist, dass der Gegenstand nach seiner Bearbeitung durch den weiteren Beauftragten des Abnehmers ins Drittlandsgebiet gelangt ist.[3]

 

Rz. 148

Den Auftrag zu der Be- oder Verarbeitung kann nicht nur der Abnehmer, sondern auch ein folgender Abnehmer erteilen.

 
Praxis-Beispiel

Die Lederfabrik L in Ludwigshafen verkauft an den Abnehmer B in Basel Leder. B verkauft das Leder an O in Oslo. O beauftragt die Handschuhfabrik H in Hannover, aus dem Leder Handschuhe zu fertigen und anschließend nach Oslo zu senden. Die Lederlieferung des L an B ist eine steuerfreie Ausfuhrlieferung, wenn die weiteren Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

 

Rz. 149

Der Liefergegenstand kann vor der Ausfuhr auch durch mehrere inländische Beauftragte des ausländischen Abnehmers be- oder verarbeitet werden. Es könnte, um bei dem obigen Beispiel zu bleiben, noch eine inländische Färberei eingeschaltet worden sein, die das ungefärbte Leder entsprechend der Pariser Handschuhmode zu färben hatte. Ist der Beauftragte kein selbstständiger Beauftragter, sondern eine Zweigniederlassung des Abnehmers oder nur ein bei dem Abnehmer beschäftigter Erfüllungsgehilfe, handelt es sich i. d. R. um keine Ausfuhrlieferung des Unternehmers. Gehört dagegen der unselbstständige Beauftragte zum Ausfuhrunternehmen, wird durch eine Be- oder Verarbeitung die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung nicht beeinträchtigt; in diesen Fällen ist entweder der Unternehmer zusätzlich Beauftragter oder der Gegenstand der Ausfuhrlieferung der be- oder verarbeitete Gegenstand.

 

Rz. 150

Der Gegenstand kann vor seiner Ausfuhr auch im übrigen Gebiet der Union be- oder verarbeitet werden.[4] Die Regelung in § 6 Abs. 1 S. 2 UStG war bei ihrer Einführung nur auf das Inland bezogen, weil bei einer Be- oder Verarbeitung in einem anderen Mitgliedstaat der Union vor dem 1.1.1993 unabhängig von einer Be- oder Verarbeitung in jedem Fall eine – steuerfreie – Ausfuhrlieferung vorlag. Ab 1.1.1993 muss die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG – schon nach ihrem Sinn und Zweck – aber auch dann gelten, wenn die Be- oder Verarbeitung in einem anderen Mitgliedstaat der Union erfolgt. Denn durch die Regelung soll vermieden werden, dass sich der Auftraggeber im Inland bzw. in einem anderen Mitgliedstaat der Union umsatzsteuerlich erfassen lassen muss. Findet die Be- oder Verarbeitung im anderen Mitgliedstaat statt, bevor der Gegenstand dort an den Erwerber weiterbefördert wird, liegt der Ort der Lieferung in dem Mitgliedstaat des Erwerbers.[5]

 
Praxis-Beispiel

Die Lederfabrik L in Ludwigshafen verkauft und versendet an den Abnehmer R in Rumänien Leder. R verkauft das Leder an O in Oslo. O beauftragt die Handschuhfabrik B in Bukarest, aus dem Leder Handschuhe zu fertigen und anschließend nach Olso zu senden. Die Lederlieferung des L an R ist eine steuerfreie Ausfuhrlieferung, wenn die weiteren Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

 

Rz. 151

Die Bearbeitung oder Verarbeitung kann auch in einer Werklieferung bestehen (z. B. Einbau eines Motors in eine auszuführende Maschine). In dies...

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