Rz. 35

Spätestens seit dem EuGH-Urteil v. 5.6.1997[1] wird intensiv die Frage diskutiert, ob und in welchem Umfang mit Finanzdienstleistungen eng verbundene Umsätze ebenfalls unter die Steuerbefreiung fallen können. Einheitliche Vorgaben für die Behandlung von Outsourcing-Leistungen – etwa in Form übergreifender Verwaltungsanweisungen – bestehen bislang wegen der Bandbreite des Spektrums von Leistungen, die einem Outsourcing zugänglich sind, nicht. Punktuelle Regelungen sind im Verwaltungswege getroffen worden. Festgehalten werden kann aber, dass die Verwaltung in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH die Steuerbefreiung auf solche Fälle beschränkt, in denen der Subunternehmer eine spezifische, für die steuerfreie Leistung des auslagernden Unternehmers maßgebliche Tätigkeit ausübt. Reine Verwaltungstätigkeiten, die nicht für die jeweilige Finanzdienstleistung oder die jeweilige Leistung des Gesundheitswesens maßgeblich sind, sind dagegen nicht steuerbefreit.

 

Rz. 36

Der EuGH hat entschieden, die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 bis 5 der 6. EG-Richtlinie[2] für Finanzdienstleistungen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und im Aktien- und Wertpapierhandel

  • hängt nicht von einem bestimmten Unternehmenstyp oder der Art und Weise der Umsätze (z. B. im Wege der EDV) ab,
  • hängt nicht davon ab, dass die Leistung unmittelbar gegenüber den Kunden einer Bank erbracht wird,
  • gilt auch für die von einem Rechenzentrum bewirkten Umsätze, wenn diese einen eigenständigen Charakter haben und für die steuerbefreiten Finanzdienstleistungen spezifisch und wesentlich sind,
  • gilt nicht für Leistungen, mit denen Banken und anderen Kunden finanzwirtschaftliche Informationen zur Verfügung gestellt werden,
  • bleibt unberührt, wenn die Leistung durch einen Dritten in Rechnung gestellt wird.

Der EuGH hebt mit seiner Entscheidung in erster Linie auf den objektiven Charakter von Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3–5 der 6. EG-Richtlinie ab, wo allgemein von Umsätzen die Rede ist, während in Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie auf das Subjekt abgestellt wird, nämlich auf die Kreditgeber. Nach dem Urteil ist allerdings nicht jede Leistung eines Rechenzentrums eine Finanzdienstleistung. Es genügt nicht, dass ein Rechenzentrum partiell, zusammen mit anderen Wirtschaftsteilnehmern, an einer Finanzdienstleistung beteiligt ist. Bezüglich eines Umsatzes im Überweisungsverkehr müssen die erbrachten Dienstleistungen wenigstens eine Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen. Leistungen in Form der Datenverarbeitung können nach dem Urteil also nur dann steuerfrei sein, wenn sie im Zusammenhang mit steuerbefreiten Finanzdienstleistungen erbracht werden und inhaltlich die spezifischen Funktionen einer Finanzdienstleistung erfüllen und nicht lediglich die technischen Voraussetzungen für einen Überweisungs- oder Zahlungsvorgang schaffen. Im Einzelfall ist es Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob die von einem Rechenzentrum bewirkten Umsätze einen solchen eigenständigen Finanzdienstleistungscharakter haben. Die wichtigste Erkenntnis aus dem Urteil ist, es kommt für die Steuerbefreiung nicht darauf an, dass der Unternehmer, der eine Leistung im Zahlungsverkehr erbringt, selbst als Kreditinstitut in den Überweisungs- oder Zahlungsvorgang eingebunden ist. Eine Umsatzsteuerbefreiung kann im Einzelfall also nicht nur das Kreditinstitut des Zahlenden und das Kreditinstitut des Zahlungsempfängers, sondern ggf. auch ein zwischengeschaltetes Rechenzentrum in Anspruch nehmen.

 

Rz. 37

Die Finanzverwaltung hatte – im Hinblick auf § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG – auf dieses EuGH-Urteil für Leistungen der durch Outsourcing entstandenen Rechenzentren wie folgt reagiert[3]: Entscheidend für die Frage der Anwendung der Steuerbefreiung ist, ob das von dem Kreditinstitut beauftragte Rechenzentrum Leistungen erbringt, die eine Weiterleitung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen. Die Rechenzentren wickeln nach Auffassung der Verwaltung die ihnen übertragenen Vorgänge sämtlich nur EDV-technisch ab. Nach Stellungnahmen des BZSt, das an Prüfungen von Banken und von ihnen beauftragten Rechenzentren teilnimmt, übernehmen die Rechenzentren für das jeweilige Kreditinstitut die ganzheitliche Bearbeitung aller ein- und ausgehenden Belege des Zahlungsverkehrs. Die Leistungen der Rechenzentren erstreckten sich dabei regelmäßig nur auf die technische Ausführung des Zahlungsverkehrs. Die Rechenzentren hätten zwar im Auftrag der Kreditinstitute u. a. Überweisungen und Gut- bzw. Lastschriftensammler zu bearbeiten. Die Daten der Belege würden erfasst und dann als "reine" Daten über die Datennetze des jeweiligen Bankensystems an die Empfängerbanken weitergeleitet oder sie erhielten umgekehrt "körperliche" Zahlungsanweisungen von fremden Kreditinstituten und verbuchten diese auf die Konten der ihr angeschlossenen Kreditinstitute. Die Verantwortung der Rechenzentren beschränke s...

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