Rz. 5

Der Wertpapierbegriff ist in der Vorschrift nicht näher definiert. Unter Wertpapieren versteht man allgemein Urkunden, in denen private Rechte – meist gegenüber dem Aussteller – so verbrieft sind, dass es zur Rechtsausübung des Besitzes an der Urkunde bedarf. Zivilrechtlich werden u. a. Mitgliedschaftspapiere (z. B. Aktien), sachenrechtliche Wertpapiere (z. B. der Grundschuldbrief) und forderungsrechtliche Wertpapiere wie Schuldverschreibungen auf den Inhaber unterschieden. Eine eigene zivilrechtliche Definition des Wertpapierbegriffs existiert jedoch nicht, obwohl z. B. das BGB und das HGB diesen Begriff vielfach verwenden. Allgemein werden Wertpapiere unterschieden nach Inhaberpapieren (das Recht aus dem Papier folgt dem Recht an dem Papier, Übertragung durch Einigung und Übergabe), Orderpapieren (als rechtmäßiger Inhaber gilt, wer das Papier in Händen hat und sein Recht durch eine ununterbrochene Kette von Indossamenten nachweist, Übertragung durch Einigung, Indossierung und Übergabe) und Namens- bzw. Rektapapieren (enthalten den Namen des Berechtigten; eine Übertragung ist nur durch Abtretung der zugrunde liegenden Forderung möglich), vgl. z. B. § 234 BGB zur Geeignetheit von Wertpapieren für Sicherheitsleistungen und § 10 AktG zur Ausgestaltung von Aktien und Zwischenscheinen. § 1 Abs. 11 des Gesetzes über das KreditwesenKWG – bezeichnet Wertpapiere neben Geldmarktinstrumenten, Devisen oder Rechnungseinheiten sowie Derivaten als Finanzinstrumente i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KWG, wonach deren Anschaffung und Veräußerung im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft) zu den Bankgeschäften gehört. § 1 Abs. 11 KWG bezeichnet als Wertpapiere, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Kapitalmärkten handelbar sind, insbesondere:

  • Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien oder Aktien vergleichbare Anteile vertreten (Hinterlegungsscheine i. d. S. sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind, ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen gebietsfremden Emittenten gehandelt werden können),
  • Schuldtitel, insbesondere Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen und Zertifikate, die diese Schuldtitel vertreten,
  • sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird,
  • Anteile an Investmentvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 KAGB.
 

Rz. 6

Jedoch ist nicht jedes Wertpapier i. S. d. allgemeinen Definition auch ein Wertpapier nach den Bedingungen des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG. Der Begriff dort ist enger. Der enge Wertpapierbegriff allein entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die vor allem bestimmte bank- und börsenmäßige Umsatzgeschäfte begünstigen will.[1] Abschn. 64 Abs. 1 UStR 1988 bestimmte unter Bezugnahme auf BFH v. 10.12.1959 (V 317/57 U, BStBl III 1960, 77), dass Wertpapiere i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG die in § 19 KVStG bezeichneten Papiere sind.

 

Rz. 7

Der Verweis auf das Kapitalverkehrsteuergesetz (§ 19), der darin begründet war, dass eine Doppelbesteuerung mit USt und den Kapitalverkehrsteuern (Gesellschaftsteuer und Börsenumsatzsteuer) verhindert werden sollte[2], ist nicht mehr möglich. Durch das Finanzmarktförderungsgesetz v. 22.2.1990[3] wurde die Börsenumsatzsteuer zum 1.1.1991 und die Gesellschaftsteuer zum 1.1.1992 abgeschafft. Gleichwohl hat sich dadurch der Wertpapierbegriff nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG nicht geändert, es kann lediglich nicht mehr allein auf die Definition nach § 19 KVStG abgestellt werden. Das Gebot der engen Auslegung des Wertpapierbegriffs bleibt jedoch – schon im Hinblick auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL – erhalten, da er insoweit als eigenständiger Begriff des Unionsrechts richtlinienkonform auszulegen ist. Da es hier gleichzeitig um ein Finanzprodukt geht, dürften im Wesentlichen die sog. Effekten als besondere Gattung von Wertpapieren diesen Begriff i. S. v. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG erfüllen. Als Effekten gelten Wertpapiere, die als Objekte der Kapitalanlage Forderungs- oder Anteilsrechte verbriefen, einen unbedingten bzw. bedingten Anspruch auf dauernden Ertrag enthalten und sich innerhalb einer Gattung durch gegenseitige Vertretbarkeit (Fungibilität) auszeichnen.[4]

 

Rz. 8

Als Wertpapiere i. S. v. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG kommen somit vor allem infrage:

  • Teilhaberpapiere bzw. Dividendenpapiere (Aktien – auf einen bestimmten Betrag lautend –, Quoten- oder Anteilsaktien wie z. B. Kuxe, andere A...

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