Rz. 65

Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass die Leistungen an Streitkräfte einer Vertragspartei des Nordatlantikvertrags bewirkt werden. Wer zu den Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags gehört, ergibt sich aus dem Vertrag v. 4.4.1949.[1] Stand 1.1.2021 gehören der NATO an: Albanien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Kanada, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Montenegro, Niederlande, Nordmazedonien, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Türkei, Ungarn, Vereinigtes Königreich und die Vereinigten Staaten von Amerika. Zu den Streitkräften (Truppen) einer NATO-Vertragspartei – rechtlich als deren Bestandteil – gehört nach Art. I Abs. 1 Buchst. a des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen – NATO-Truppenstatut – v. 19.6.1951[2] das zu den Land-, See- und Luftstreitkräften gehörende Personal einer Vertragspartei, wenn es sich im Zusammenhang mit seinen Dienstobliegenheiten in dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei innerhalb des Gebiets des Nordatlantikvertrags befindet, mit der Maßgabe jedoch, dass die beiden beteiligten Vertragsparteien vereinbaren können, dass gewisse Personen, Einheiten oder Verbände nicht als "Truppe" i. S. d. Abkommens oder als deren Bestandteil anzusehen sind. Zu den Streitkräften gehören z. B. nicht das "zivile Gefolge" sowie die Angehörigen der Mitglieder einer Truppe oder eines zivilen Gefolges.[3]

 

Rz. 66

Demnach erstreckt sich die Steuerbefreiung nur auf Leistungen, die an die Streitkräfte als Vertragspartner (Leistungsempfänger) des leistenden Unternehmers erbracht werden. Hieraus folgt, dass Leistungen unmittelbar an das "zivile Gefolge"[4] oder an "Angehörige" der Truppenmitglieder oder der Mitglieder des zivilen Gefolges[5] nicht von der USt befreit sind.

 

Rz. 67

Die Fassung des § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b UStG lässt m. E. auch keine Ausdehnung der Steuerbefreiung auf Leistungen an einzelne Mitglieder der Streitkräfte (einzelne Soldaten) zu. Die Streitkraft rekrutiert sich nach Art. I Abs. 1 Buchst. a NATO-Truppenstatut zwar aus dem zu den Land-, See- oder Luftstreitkräften gehörenden Personal, dies kann aber bereits begrifflich nicht dazu führen, dass das Personal einer Streitkraft in Gestalt eines einzelnen Soldaten als Streitkraft i. S. d. Vorschrift angesehen werden kann. Leistungen unmittelbar an einzelne Soldaten von im übrigen Gemeinschaftsgebiet stationierten Streitkräften können somit nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b UStG nicht von der USt befreit sein. Für diese Definition des Leistungsempfängers sprechen insbesondere auch folgende Gesichtspunkte:

  • Es wird eine weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen für die Steuerfreiheit inländischer Leistungen an im Inland stationierte Streitkräfte ausländischer Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags nach Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk (Art. 151 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL) herbeigeführt. Nach Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk wird für Leistungen, die zum Gebrauch oder Verbrauch durch die Truppe, das zivile Gefolge, ihre Mitglieder oder deren Angehörige bestimmt sind, die Steuerfreiheit nur gewährt, wenn die Leistung u. a. von einer amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben worden ist.[6] Dem einzelnen Truppenmitglied kommt die Steuervergünstigung nur infolge eines zweiten Umsatzes (Beschaffungsstelle an Soldat) zugute, der nach Art. 67 Abs. 1 NATO-ZAbk nicht der USt unterliegt.
  • Darüber hinaus entspricht diese Definition des Leistungsempfängers der nach der Bescheinigung zu Art. 151 MwStSystRL i. V. m. Art. 51 VO 282/2011 (vgl. Anhang) vorgesehenen Erklärung des Antragstellers (vgl. Nr. 3 der Bescheinigung), die einen Bezug von Waren oder Dienstleistungen durch die Streitkräfte nur für "amtliche Zwecke" vorsieht.
 

Rz. 68

Dementsprechend dürften nur Umsätze an die Streitkräfte selbst nach § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b UStG von der USt befreit sein. Dies setzt eine Auftragserteilung an den leistenden Unternehmer durch die Beschaffungsstelle der Streitkraft voraus. Diese Auftragserteilung kann nicht in schriftlicher Form neben der für die Gewährung der Steuerbefreiung erforderlichen Bescheinigung (vgl. Anhang) verlangt werden. Sie kommt vielmehr dadurch zum Ausdruck, dass der in Nr. 1 der Bescheinigung angeführten Streitkraft als der antragstellenden Einrichtung der steuerfreie Bezug der in Nr. 5 der Bescheinigung ausführlich zu bezeichnenden Leistung(en) bewilligt wird (ggf. mit Einschränkung in Nr. 6). Die Berechtigung zum steuerfreien Leistungsbezug beinhaltet bereits einen entsprechenden Auftrag an den jeweils in Betracht kommenden Unternehmer durch die Streitkraft, sodass die Bescheinigung konsequenterweise bereits vor der Leistungsausführung ausgestellt und dem leistenden Unternehmer spätestens mit der Auftragserteilung vorgelegt werden müsste. Folglich muss die Rechnung auf die zum steuerfreien Leistungsbezu...

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