Rz. 13

Nach § 4 Nr. 4b S. 1 UStG ist die einer Einfuhr vorangehende Lieferung (Einfuhrlieferung) von der Umsatzsteuer befreit. D.h., es muss sich um die Lieferung eines Gegenstands handeln, der zum Zeitpunkt der Lieferung noch nicht den Tatbestand der Einfuhr[1] erfüllt hat bzw. diesen erst später erfüllt. Steuerbar ist nach dem mWv 1.1.2004 neu gefassten § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG (vgl. dortige Kommentierung) die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (EUSt). Der umsatzsteuerrechtliche Einfuhrtatbestand setzt voraus, dass eine Nicht-Unionsware in das Inland verbracht wird und dieser Vorgang hier steuerbar ist. Für den umsatzsteuerrechtlichen Einfuhrtatbestand ist damit nicht allein entscheidend, dass der Gegenstand aus dem Drittland in das Inland gelangt, sondern hier auch grundsätzlich der Besteuerung unterliegt, d. h. im Regelfall eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht. Danach liegt z. B. keine Einfuhr im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vor, wenn sich die Nicht-Unionsware in einem zollrechtlichen Versandverfahren befindet.

 

Rz. 14

Nach § 4 Nr. 4b UStG sind somit nur Lieferungen von Waren steuerfrei, die noch nicht zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt worden sind. Begünstigt sind nur Lieferungen von Nicht-Unionswaren, die sich in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren befinden. Der Umsatz des liefernden Unternehmers ist auch nur dann befreit, wenn dessen Abnehmer (oder ein nachfolgender Abnehmer) bzw. ein vom Abnehmer Beauftragter den Liefergegenstand einführt. Diese Voraussetzungen liegen regelmäßig dann vor, wenn der Abnehmer die Ware in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt. Der Abnehmer kann im In- oder Ausland ansässig sein und er muss nicht die Voraussetzungen der Unternehmereigenschaft in § 2 UStG erfüllen. Begünstigt sind danach auch Umsätze, bei denen die Abfertigung zur Überlassung zum freien Verkehr einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Nichtunternehmer zuzurechnen ist.

 

Rz. 15

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG greift ungeachtet dessen, ob die nachfolgende Einfuhr steuerpflichtig oder nach § 5 UStG steuerfrei ist. Wird eine Nicht-Unionsware aus dem Inland in das Drittlandsgebiet ausgeführt, ist diese Ausfuhrlieferung jedoch nicht nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei. Insoweit gelten die spezifischen Voraussetzungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 6 UStG. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG greift nur, wenn die nachfolgende Einfuhr, d. h. die Überführung der Ware in den freien Verkehr im Inland stattfindet. Wird z. B. eine Ware aus einem inländischen Zolllager in einen anderen Mitgliedstaat transportiert und die Einfuhr dort zollrechtlich abgefertigt, liegt kein Fall des § 4 Nr. 4b UStG vor. Die Lieferung in den anderen Mitgliedstaat ist im Inland als innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG i. V.m. § 6a UStG steuerfrei und unterliegt im anderen Mitgliedstaat der Erwerbs- sowie Einfuhrumsatzbesteuerung.

 

Rz. 16

Die Steuerbefreiung gilt nach § 4 Nr. 4b S. 2 UStG entsprechend für Lieferungen, die der einer Einfuhr vorangehenden Lieferung vorausgegangen sind. Entsprechend bedeutet m. E., dass eine nach § 4 Nr. 4b S. 2 UStG vorgelagerte Lieferung nur dann steuerfrei sein kann, wenn auch die der Einfuhr vorangehende Lieferung steuerfrei ist.

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer S befördert Nicht-Unionsware aus der Schweiz in das Gemeinschaftsgebiet. S lagert sie unversteuert in einem Zolllager ein. Das Zolllager befindet sich in Konstanz. Nach der Einlagerung liefert S diese Gegenstände an Unternehmer B aus Berlin. Die Übergabe erfolgt durch Aushändigung eines Lagerscheins, ohne dass die Waren das Zolllager verlassen. B liefert diese Gegenstände an Unternehmer C in Chemnitz. C überführt die Gegenstände in den zollrechtlich freien Verkehr. Der Ort der Lieferungen von S an B und von B an C liegt in Konstanz[2], die Lieferungen sind damit umsatzsteuerbar. Die Lieferung von B an C ist eine nach § 4 Nr. 4b S. 1 UStG steuerfreie Lieferung, die der Einfuhr durch den Abnehmer C vorangeht. Die Lieferung von S an B geht der Lieferung B an C vor und ist damit nach § 4 Nr. 4b S. 2 UStG ebenfalls steuerfrei.

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