Rz. 1

Der mWv 1.1.2004 neu in das Gesetz eingefügte § 4 Nr. 4a UStG[1] verkörpert die sog. Umsatzsteuerlagerregelung. Mit ihr werden Umsätze im Zusammenhang mit Gegenständen, die in ein Umsatzsteuerlager eingelagert werden bzw. die sich in einem Zollverfahren (Nichterhebungsverfahren) befinden, zunächst steuerfrei gestellt. Eine Steuerbelastung erfolgt mit der Auslagerung. Die Steuerlagerregelung hat vor allem Bedeutung für die inländische Seehafen- und Lagerwirtschaft und andere Logistikdienstleister. Die Voraussetzung für die Zulassung als Lagerhalter an den internationalen Warenbörsen ist regelmäßig das Betreiben eines Steuerlagers. Mit der Lagerregelung hat die deutsche Lagerwirtschaft die Möglichkeit, auch Waren (insbesondere Schüttgüter und hochwertige Metalle) lagern zu können, die an Terminbörsen (z. B. in London) Gegenstand zahlreicher Handelstransaktionen sind, ohne dass die Güter körperlich bewegt, d. h. an ihren neuen Eigentümer, transportiert werden. Der Handel mit diesen Waren ist – wie in anderen EU-Mitgliedstaaten – auch in Deutschland umsatzsteuerlich unbelastet. Die Umsatzsteuerlagerregelung wird im Wesentlichen mit dem Wettbewerb, in dem inländische Unternehmen mit der ausländischen Lagerwirtschaft (im Ausland befindliche Lagerstätten) stehen, und den bei Nichtbestehen der Regelung gegebenen wirtschaftlichen Nachteilen der inländischen Lagerwirtschaft begründet. Die Umsatzsteuerlagerregelung ist wesentlich für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit inländischer Lagerhalter. Im EU-Ausland existieren entsprechende Umsatzsteuerlagerregelungen, die dort Lagerhalter in Anspruch nehmen. Insbesondere für ausländische Unternehmer, die als Durchgangserwerber die betreffenden Produkte als unbewegte Lieferung erwerben und weiterveräußern, stellt es eine wesentliche Erleichterung dar, sich hierfür im Inland umsatzsteuerlich nicht registrieren zu müssen. Die Regelung wird auch deshalb für bedeutsam gehalten, da sie insbesondere für mittelständisch geprägte Unternehmen ein nicht zu unterschätzendes Standortmerkmal im Wettbewerb zu ausländischen Konkurrenten darstellt. Die Regelung wird auch als wesentliche Voraussetzung zur Vermeidung von Liquiditätsnachteilen durch die Vorfinanzierung von Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen verstanden. Wegen der in Deutschland bestehenden Vollverzinsung, die auch für die Umsatzsteuer gilt, kann dies besonders bedeutsam sein. Ein wirtschaftliches Bedürfnis besteht grundsätzlich darin, Liquiditätsnachteile durch Vorfinanzierung von Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen zu vermeiden. Ferner ist es im Rahmen von Handelsaktivitäten oft gewünscht, bei der Umsatzsteuer ein ähnliches Instrumentarium zu haben, wie es das Verfahren der Steueraussetzung bei der Verbrauchsteuer (z. B. bei Mineralölen) bietet.

 

Rz. 2

Wesentlicher Inhalt der Umsatzsteuerlagerregelung ist eine Steuerbefreiung für Umsätze von Gegenständen, mit denen diese in ein Umsatzsteuerlager eingelagert werden, sowie eine Steuerbefreiung der Lieferungen von Gegenständen, bei denen diese körperlich in einem Umsatzsteuerlager verbleiben oder in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland gelangen.[2] Die steuerfreien Umsätze im Zusammenhang mit Umsatzsteuerlagern sind in der Umsatzsteuer-Voranmeldung unter Kennziffer 43 bzw. in der Anlage UR zur Umsatzsteuererklärung unter Kennziffer 237 in einer Summe mit weiteren steuerfreien Umsätzen mit Vorsteuerabzug (u. a. Ausfuhrlieferungen) einzutragen. Die Steuerbefreiung gilt auch, wenn die Gegenstände bei der Einlagerung in ein Umsatzsteuerlager oder beim Befinden in einem Umsatzsteuerlager bei einem Zollverfahren (Nichterhebungsverfahren) unterliegen. Die Befreiung gilt beim Gelangen der Gegenstände in ein Steuerlager (Einlagerung) nicht nur für die Lieferung dieser Gegenstände im Inland. Befreit sind auch[3] ein vor der Einlagerung liegender innergemeinschaftlicher Erwerb oder[4] eine Einfuhr. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Lieferungen, bei denen die gelieferten Gegenstände für die Lieferung auf der Einzelhandelsstufe aufgemacht sind. Ein Gegenstand ist für die Lieferung auf der Einzelhandelsstufe insbesondere dann aufgemacht, wenn er sich in einer handelsüblichen Verpackung befindet und/oder ohne weitere Be- oder Verarbeitung an einen Endverbraucher geliefert werden kann.

 

Rz. 3

Befreit sind auch die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.[5]

 

Rz. 4

In der Anlage 1 zum UStG sind abschließend die – nach dem Zolltarif abgegrenzten – Gegenstände aufgeführt, die der Umsatzsteuerlagerregelung unterliegen können. Die Liste der Gegenstände in der Anlage 1 entspricht in erster Linie Anhang V MwStSystRL. Darüber hinaus enthält die Anlage 1 zum UStG Gegenstände, die an Warente...

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