1 Allgemeines

1.1 Vorbemerkung, Zweck und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 4 Nr. 26 UStG beruht auf staats-, sozial- und kulturpolitischen Erwägungen und befreit ehrenamtliche Tätigkeiten in öffentlichen bzw. öffentlichkeitsnahen Bereichen von der USt. Die Vorschrift unterscheidet zwischen ehrenamtlichen Tätigkeiten für juristische Personen des öffentlichen Rechts und anderen Einrichtungen/Organisationen. Ehrenamtliche Tätigkeiten für juristische Personen des öffentlichen Rechts sind ohne weitere Voraussetzungen (insbesondere hinsichtlich einer Aufwandsentschädigung oder eines Auslagenersatzes) steuerfrei (wobei jedoch bei einer unangemessenen Höhe der Entlohnung die Ehrenamtlichkeit als solche fragwürdig wäre). Ansonsten gilt die Steuerbefreiung nur, wenn das Entgelt für die ehrenamtliche Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht. § 4 Nr. 26 UStG verlangt nach der BFH-Rechtsprechung[1] für die Steuerbefreiung in beiden Alternativen das Vorliegen einer "ehrenamtlichen Tätigkeit". Die Tatsache, dass ein Sparkassenverband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, in deren Satzung die betreffende Tätigkeit als ehrenamtlich erwähnt werde, vermag diese Voraussetzung nicht zu erfüllen, denn eine – im Rahmen der Selbstverwaltung – erlassene Satzung ist kein Gesetz i. S. d. Rechtsprechung zu § 4 Nr. 26 UStG.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 2

Die Vorschrift geht auf § 50d der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen 1951 (UStDB)[1] zurück. Steuerfrei war danach die ehrenamtliche Tätigkeit, wenn das Entgelt für diese Tätigkeit oder bei Ausübung mehrerer ehrenamtlicher Tätigkeiten das Entgelt für jede dieser Tätigkeiten nicht mehr als 1.200 DM jährlich betrug. Ein Nachweis, dass das Entgelt einen Unkostenersatz darstellte, wurde insoweit nicht verlangt. Überstieg das Entgelt diesen Betrag, war die ehrenamtliche Tätigkeit insoweit steuerfrei, als lediglich Kosten in der tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Höhe ersetzt wurden.

 

Rz. 3

Zum 1.1.1968 wurde die Steuerbefreiung[2] ohne Betragsgrenze mit dem heute noch geltenden Wortlaut (d. h., dass eine ehrenamtliche Tätigkeit für andere Einrichtungen als juristische Personen des öffentlichen Rechts nur steuerfrei ist, wenn das Entgelt in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht, und dass auch die ehrenamtliche Tätigkeit für juristische Personen des öffentlichen Rechts ohne jede Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung von der Steuerbefreiung erfasst wird) fortgeführt.[3]

 

Rz. 4

Zum 1.1.1980 wurde § 4 Nr. 26 UStG unverändert aus § 4 Nr. 26 UStG 1967/1973 übernommen. Die Regelung ist seither unverändert geblieben.

[1] Eingefügt mWv 1.1.1958 durch § 1 Nr. 3 der Neunten UStDB-ÄndVO v. 22.3.1958, BGBl I 1958, 206, BStBl I 1958, 304.
[2] Nunmehr § 4 Nr. 26 UStG.
[3] Zur Begründung vgl. stenografischer Bericht des Deutschen Bundestags, 5. Wahlperiode, über die 101. Sitzung v. 12.4.1967, S. 4700 und 4701.

1.3 Unionsrecht

 

Rz. 5

§ 4 Nr. 26 UStG hat keine unmittelbare Grundlage im Unionsrecht.[1] Die Regelung beruht inhaltlich vielmehr auf der Protokollerklärung des Rates und der EU-Kommission zu Art. 4 der 6. EG-Richtlinie.[2] Danach soll es den Mitgliedstaaten freistehen, "Personen, die ehrenamtliche Tätigkeiten ausüben, sowie die Geschäftsführer, Verwalter, Aufsichtsratsmitglieder und Abwickler von Gesellschaften in ihrer Beziehung zu den Gesellschaften und in ihrer Eigenschaft als Organe derselben nicht der Mehrwertsteuer zu unterwerfen".

 

Rz. 6

Rat und Kommission geben zu Richtlinien häufig sog. Protokollerklärungen ab. Die Tragweite und Wirkung solcher Erklärungen sind noch nicht vollständig geklärt. Da ein Rechtsakt (z. B. eine Richtlinienvorschrift) durch eine solche Erklärung nicht eingeschränkt werden kann, ist sie nur im Rahmen des Inhalts des Rechtsakts zu würdigen. Eine Protokollerklärung kann deshalb nicht zur Auslegung einer Richtlinienvorschrift herangezogen werden, wenn ihr Inhalt in der Bestimmung keinen Ausdruck gefunden und somit keine rechtliche Bedeutung hat.[3] Vor diesem Hintergrund ist die Protokollerklärung zu Art. 4 der 6. EG-Richtlinie[4] als Rechtsgrundlage der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 UStG (insbesondere auch nach der Entscheidung des EuGH zur Unionsrechtsgrundlage des § 4 Nr. 13 UStG, wo bisher ebenfalls eine Protokollerklärung als unionsrechtliche Grundlage herangezogen wurde)[5] mehr als fraglich.[6] Die Protokollerklärung ist zu Art. 4 ("Steuerpflichtiger", Unternehmer) und nicht etwa zu Art. 13 Teil A der 6. EG-Richtlinie[7] ergangen. Zu einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 4 Nr. 26 UStG käme man im Ergebnis daher allenfalls dann, wenn die Tätigkeit von ehrenamtlichen Personen die Unternehmereigenschaft ausschließen würde und damit die betreffenden Umsätze nicht steuerbar wären. Zweifel an der Unionsrechtskonformität von § 4 Nr. 26 UStG hegt auch der BFH.[8]

Rz. 7 einstweilen frei

[1] Der hier einschlägige Art. 132 MwStSystRL kennt keine Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeit...

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