1 Allgemeines

1.1 Vorbemerkung, Zweck und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 4 Nr. 16 UStG regelt die Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen (Lieferungen und sonstigen Leistungen), die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbunden sind. Die Steuerbefreiung hat sozialpolitische Gründe. Sie soll verhindern, dass sich die Leistungen im Bereich der Betreuung und Pflege hilfsbedürftiger Personen auf der Letztverbrauchsstufe um die USt verteuern. Die Leistungen der in § 4 Nr. 16 UStG aufgeführten Einrichtungen berühren zum weitaus überwiegenden Teil den Endverbraucherbereich. Die Empfänger der Leistungen sind in erster Linie Privatpersonen, wenn auch für einen Großteil der Leistungen durch das Eintreten der Versicherungsträger für ihre Versicherten ein weiterer Zwischenumsatz zustande kommt.[1] § 4 Nr. 16 UStG dient daher wie andere vergleichbare Vorschriften – insbes. die Regelungen in § 4 Nr. 14, Nr. 15 und Nr. 15a UStG – dazu, die Leistungen zur Betreuung und Pflege auf der Letztverbrauchsstufe weitgehend von der USt zu entlasten und dementsprechend zu verbilligen, wenn auch wegen des fehlenden Vorsteuerabzugs die USt auf den Vorstufen als Belastung erhalten bleibt. Die letzte große Änderung erfuhr die Vorschrift zum 1.1.2009 (Rz. 19ff.). Mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz v. 26.6.2013[2] wurde u. a. der bisherige Buchst. k zu Buchst. l und zeitgleich die "Sozialgrenze" von bislang 40 % auf 25 % herabgesetzt. Die Änderung ist am 1.7.2013 in Kraft getreten.

 

Rz. 2

§ 4 Nr. 16 S. 1 UStG befreit die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Umsätze. Werden die in § 4 Nr. 16 UStG begünstigten Leistungen von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erbracht, ist die sich auf eng verbundenen Umsätze richtende Steuerbefreiung an keine weiteren Bedingungen geknüpft.[3] Wird die Einrichtung nicht von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, sondern von einem anderen – privaten - Unternehmer betrieben, ist die Steuerbefreiung der eng verbundenen Umsätze an weitere Voraussetzungen geknüpft, die je nach Einrichtung unterschiedlich geregelt sind.[4] Dabei wird, ähnlich wie in § 4 Nr. 14 UStG, an den sozialversicherungsrechtlichen Status angeknüpft. Zudem sind nach § 4 Nr. 16 S. 2 UStG die entsprechenden Leistungen von Einrichtungen, die nicht juristische Personen des öffentlichen Rechts sind[5], nur befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht. Dabei sind die Sozialgesetzbücher

  • V (Gesetzliche Krankenversicherung),
  • VII (Gesetzliche Unfallversicherung),
  • IX (Rehabilitation und Teilhabe an behinderten Menschen),
  • XI (Soziale Pflegeversicherung), und
  • XII (Sozialhilfe)

von besonderer Bedeutung.

 

Rz. 3

Der leistende Unternehmer muss eine in § 4 Nr. 16 UStG genannte Einrichtung sein, die eine entsprechende Tätigkeit entfaltet und mit dieser eine der in der Vorschrift genannten Pflege- oder Betreuungseinrichtungen betreibt. Die Steuerbefreiung erfasst sowohl Betreuungs- als auch Pflegeleistungen für hilfsbedürftige Personen. Hilfsbedürftig sind alle Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Betreuung oder Pflege bedürfen. Der Betreuung oder Pflege bedürfen Personen, die krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Dies schließt auch Personen mit ein, bei denen ein Grundpflegebedarf oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz besteht. Die Steuerbefreiung umfasst die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, gleich, ob diese Leistungen ambulant oder stationär erbracht werden. Werden die Leistungen stationär erbracht, kommt es zudem nicht darauf an, ob die Personen vorübergehend oder dauerhaft aufgenommen werden.

 

Rz. 4

Unter den Begriff der Betreuung oder Pflege fallen z. B. die in § 14 Abs. 2 SGB XI – Soziale Pflegeversicherung – bzw. § 61a Abs. 2 SGB XII – Sozialhilfe – aufgeführten Leistungen für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, bei teilstationärer oder stationärer Aufnahme auch die Unterbringung und Verpflegung. Auch in den Fällen, in denen eine Einrichtung i. S. v. § 4 Nr. 16 UStG für eine hilfsbedürftige Person ausschließlich Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung erbringt, handelt es sich um mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege eng verbundene und somit steuerfreie Leistungen.

 

Rz. 5

Im Gegensatz zu allen anderen Steuerbefreiungsvorschriften in § 4 spricht § 4 Nr. 16 UStG von den eng verbundenen Umsätzen, während andere Steuerbefreiungsvorschriften entweder von Umsätzen aus einer bestimmten Tätigkeit sprechen[6] oder die zu befreienden Umsätze genau bezeichnen.[7] Nach § 4 Nr. 16 UStG sind also nicht alle Umsätze der jeweiligen Einrichtung steuerbefreit, sondern nur die...

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