Rz. 100

Durch das Jahressteuergesetz 2020[1] wurde der bisherige Buchst. l der Vorschrift zum neuen Buchst. m UStG und neu gefasst.

 

Rz. 101

Sofern Betreuungs- oder Pflegeleistungen an hilfsbedürftige Personen von Einrichtungen erbracht werden, die nicht nach dem Sozialrecht anerkannt sind und mit denen weder ein Vertrag noch eine Vereinbarung nach dem Sozialrecht besteht, sind diese nach § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. m UStG steuerfrei, wenn die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 25 % der Fälle dieser Einrichtung von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 SGB IX oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden. Die Regelung des § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. m UStG orientiert sich an der vergleichbaren Bestimmung nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG i. d. F. bis 31.12.2008. Danach sind die mit dem Betrieb der dort genannten Kurzzeitpflegeeinrichtungen eng verbundenen Umsätze nur unter der Voraussetzung steuerfrei, dass im vorangegangenen Kj. die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. Sinn und Zweck des § 4 Nr. 16 Buchst e UStG i. d. F. bis 31.12.2008 und auch des § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. m UStG ist es, die Sozialversicherungsträger zu entlasten. Der BFH hält eine solche Regelung für gemeinschafts- und verfassungskonform.[2] Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.[3]

 

Rz. 102

Eine Vergütung der Betreuungs- oder Pflegeleistungen aus Geldern des persönlichen Budgets[4] durch die hilfsbedürftige Person als mittelbare Vergütung ist nicht in die Ermittlung der Sozialgrenze bei der erbringenden Einrichtung mit einzubeziehen. Auch Betreuungs- und Pflegeleistungen von Einrichtungen (Subunternehmer), die diese gegenüber begünstigten Einrichtungen erbringen, sind nicht begünstigt, sofern diese nicht selbst eine begünstigte Einrichtung nach § 4 Nr. 16 UStG sind.[5] Auf Leistungen, die aus dem persönlichen Budget bezahlt werden, findet § 4 Nr. 16 UStG grundsätzlich keine Anwendung. Eine an keine weiteren Bedingungen geknüpfte Befreiung der Leistungen an Budgetnehmer wäre bereits EU-rechtlich nicht zulässig, da nur Einrichtungen mit sozialrechtlicher Anerkennung oder mit sozialrechtlichen Verträgen oder Vergütungen nach Sozialrecht als anerkannte Einrichtungen i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL eingestuft werden können. Durch Bezahlung aus dem persönlichen Budget kann ein Budgetnehmer dem leistenden Unternehmer nicht den Status einer anerkannten Einrichtung "verleihen".

 

Rz. 103

Für die Ermittlung der 25 %-Grenze gem. § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. m UStG müssen die Betreuungs- und Pflegekosten in mindestens 25 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 SGB IX oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden. Für die Auslegung des Begriffs "Fälle" ist von der Anzahl der hilfsbedürftigen Personen im Laufe eines Kalendermonats auszugehen. Bei der stationären oder teilstationären Unterbringung in einer Einrichtung gilt daher die Aufnahme einer Person innerhalb eines Kalendermonats als ein Pflegefall. Bei der Erbringung ambulanter Betreuungs- oder Pflegeleistungen gelten alle Leistungen für eine Person in einem Kalendermonat als ein Pflegefall. Werden von einem Unternehmer mehrere verschiedenartige Einrichtungen i. S. d. § 4 Nr. 16 S. 1 UStG betrieben, sind die im Laufe eines Kalendermonats betreuten oder gepflegten Personen zur Ermittlung der Gesamtzahl der Fälle jeder Einrichtung gesondert zuzuordnen. Nach der BFH-Rechtsprechung[6] darf die Anerkennung des sozialen Charakters einer Pflegeeinrichtung nicht allein daran scheitern, dass das Gesetz wie bisher ausschließlich auf die Verhältnisse des vorangegangenen Kalenderjahrs abstellt. In den Fällen des § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. b bis l (neu) UStG stellt sich dieses Problem nicht, da die Steuerbefreiung ab dem Zeitpunkt der Erfüllung der jeweiligen sozialrechtlichen Norm eingreift. Nur die Fälle des Auffangtatbestands des § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. m (neu) UStG sind von dieser Problematik betroffen. In Neugründungsfällen setzte die Finanzverwaltung die Vorgabe des BFH bisher dadurch um, dass auf die voraussichtlichen Verhältnisse des laufenden Jahres abzustellen ist, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres neu aufgenommen hat (Abschn. 4.16.3 Abs. 5 S. 2 UStAE). War jedoch ein Unternehmer, für dessen Tätigkeit nur die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. m (neu) UStG in Betracht kommt, im Vorjahr bereits tätig, ohne die 25 %-Grenze des § 4 Nr. 16 Buchst. m (neu) UStG zu erfüllen, scheitert die Steuerbefreiung am auss...

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