Rz. 44

Steuerfrei nach § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG sind u.a humanmedizinische Heilbehandlungen im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt. Es muss sich dabei nicht um eine freiberufliche Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG handeln. Arzt oder Ärztin ist, wer unter dieser Berufsbezeichnung aufgrund der Approbation nach der Bundesärzteordnung[1] die Heilkunde und damit den ärztlichen Beruf ausübt. Als Ausübung der Heilkunde ist nach § 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung und Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen zu verstehen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Auch die Leistungen der vorbeugenden Gesundheitspflege gehören zur Ausübung der Heilkunde. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistungen gegenüber Einzelpersonen oder Personengruppen bewirkt werden.

 

Rz. 45

Das Recht, die Berufsbezeichnung Arzt führen zu können, wird durch die Approbation erworben. Dieses Recht ist jedoch nicht davon abhängig, dass eine eigene Arztpraxis unterhalten wird.[2] Deshalb bewirkt ein an einer Universitätsklinik tätiger Professor für Medizin, der keine eigene Arztpraxis unterhält und im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit beispielsweise gerichtsmedizinische Gutachten erstellt, Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt. Das Gleiche gilt, wenn ein wissenschaftlicher Assistent eine Tätigkeit als "Arzt" ausübt, sofern er approbiert ist.

 

Rz. 46

Zu der Tätigkeit der Heilung und Linderung von Krankheiten beim Menschen zählen insbesondere entsprechende Untersuchungen, Operationen, die Verordnung von Medikamenten und sonstigen therapeutischen Heilmitteln, wie z. B. Massagen, Bestrahlungen oder Heilbäder. Der Arzt kann sich bei der Ausübung der Heilkunde angestellter Personen bedienen. Unter Beachtung der Rechtsprechung des EuGH[3] sind ärztliche Leistungen und andere heilberufliche Leistungen i. S. d. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nur steuerfrei, wenn sie der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen. Bei dem EuGH-Verfahren, C-384/98, ging es u. a. um die Frage, ob Leistungen, die ein Arzt in seiner Eigenschaft als Gerichtssachverständiger erbringt (erbbiologisches Gutachten im Rahmen eines Vaterschaftsprozesses), unter die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL fallen. Der EuGH hat entschieden, dass die in Rede stehenden Sachverständigenleistungen nicht steuerbefreit sind. Unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung, nach der die Steuerbefreiungen nach Art. 132 MwStSystRL eng auszulegen sind[4], geht der EuGH davon aus, dass humanmedizinische Leistungen i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL nur medizinische Eingriffe umfassen, die der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen.

 

Rz. 47

Somit sind medizinische Leistungen, die nicht in der medizinischen Betreuung von Personen durch Diagnostik und Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung bestehen, sondern in einer erbbiologischen Untersuchung zur Feststellung einer anthropologisch-erbbiologischen Verwandtschaft, nicht steuerfrei. Nach BMF v. 13.2.2001[5] und BMF v. 8.11.2001[6] ist ein ärztliches Gutachten nur dann steuerfrei, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Dies gilt unabhängig davon, um welche konkrete heilberufliche Leistung es sich handelt (Untersuchung, Attest, Gutachten usw.), für wen sie erbracht wird (Patient, Gericht, Sozialversicherung o. Ä.) und wer sie erbringt.[7] Ärztliche (und andere heilberufliche) Leistungen sind prinzipiell nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.

 

Rz. 48

Rein ästhetisch motivierte Schönheitsoperationen stellen keine Leistungen mit therapeutischem Ziel dar[8] und sind mit Blick auf das Urteil des BVerfG v. 29.10.1999[9] u. a. wegen einer fehlenden Kostenübernahme durch die Sozialversicherungsträger grundsätzlich steuerpflichtig.[10]

Nach den Umständen des Einzelfalls können diese Leistungen aber umsatzsteuerbefreit sein, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Indiz für das Vorliegen einer medizinischen Indikation ist die regelmäßige Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

 

Rz. 49

Für die Umsatzsteuerfreiheit von Schönheitsoperationen reicht es nicht aus, dass die Operationen nur von einem Arzt ausgeführt werden können, vielmehr müssen sie der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen.[11] Genau hier liegen die praktischen Probleme bei der Anwendung. Weder seitens des Steuerberaters noch des Finanzamtes kann eine zutreffende Beurteilung vorgenommen werden, ob bestimmte Schönheitsoperationen medizinisch veranlasst sind. So könnte z. B. das Anlegen abstehender Ohren rein ästhetische Gründe haben und die Operation damit steuerpflichtig sein, bei einem anderen Patienten könnte die gl...

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