Rz. 60

Ein gemischter Vertrag liegt vor, wenn er sowohl die Merkmale einer Vermietung/Verpachtung als auch die Merkmale anderer Leistungen, d. h. Elemente der Nutzungsüberlassung an anderen Gegenständen als Grundstücken oder aufgrund anderer Rechtsbeziehungen enthält. Die verschiedenen Merkmale müssen in dem Vertrag jedoch so stark vertreten sein, dass jedes Element umsatzsteuerrechtlich beachtlich bleibt und das Gepräge des Vertrags nicht durch das eine oder andere Element allein bestimmt wird. Liegt eine einheitlich zu beurteilende Leistung vor, ist für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG entscheidend, ob das Vermietungselement der Leistung ihr Gepräge gibt.[1] In diesem Fall ist die Leistung insgesamt steuerfrei. Eine Aufteilung des Entgelts in einen auf das Element der Grundstücksüberlassung und einen auf den Leistungsteil anderer Art entfallenden Teil ist nicht zulässig.[2]

 

Rz. 61

Gemischte Verträge können auch vorliegen, wenn neben einer Vermietungs- oder Verpachtungsleistung ganz anders ausgestaltete Leistungen von Bedeutung sind, z. B. Leistungen der Lagerhaltung, Heimpflege, Krankenhausbehandlung, Überlassung von Standplätzen auf Märkten und Messen.

 

Rz. 62

Als gemischter Vertrag ist der zwischen dem Inhaber eines Altenheims oder Pflegeheims und den Bewohnern des Heims geschlossene Vertrag über die Aufnahme in das Heim anzusehen, wenn die pflegerische Betreuung und Versorgung die Raumüberlassung nicht überlagern. Beim Betrieb eines Altenwohnheims ist grundsätzlich nur von einer nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien Vermietungsleistung auszugehen. Wird mit den Bewohnern eines Altenwohnheims ein Vertrag über die Aufnahme in das Heim geschlossen, der neben der Wohnraumüberlassung auch Leistungen zur Betreuung oder Pflege vorsieht, wobei die Betreuungs- und Pflegeleistungen die Wohnraumüberlassung aber nicht überlagern, handelt es sich um zwei getrennt voneinander zu betrachtende Leistungen. Auch in diesem Fall ist die Wohnraumüberlassung grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei. Werden daneben eigenständige Leistungen der Betreuung oder Pflege erbracht, können diese unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei sein.[3] Vermietungsleistungen und individuell angepasste Pflegeleistungen, die ein Unternehmer aufgrund getrennter Verträge gegenüber Senioren im Rahmen einer Seniorenwohngemeinschaft erbringt, sind umsatzsteuerrechtlich nicht als einheitliche (steuerpflichtige) Leistung zu qualifizieren, sondern unterliegen als eigenständige, selbstständige Leistungen der gesonderten Beurteilung.[4] Allerdings folgt aus dem EuGH-Urteil v. 21.1.2016[5], dass die Differenzierung in Abschn. 4.16.4 Abs. 5 UStAE beim Betrieb von Altenwohnheimen in eine Steuerbefreiung für eine Wohnraumüberlassung nach § 4 Nr. 12 UStG und ggf. eine Steuerbefreiung für Betreuungs- und Pflegeleistungen nach § 4 Nr. 16 UStG so ohne Weiteres wohl nicht haltbar ist, sondern auch die Wohnraumüberlassung unter den Voraussetzungen von § 4 Nr. 16 UStG zu beurteilen ist, wenn diese bei Altenheimen in der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG untergeht. Das hieße aber, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung der Wohnraumüberlassung durch Altenwohnheime (nach § 4 Nr. 16 UStG) grundsätzlich strenger wären, als im Falle der Annahme einer Vermietungsleistung. Der EuGH hat entschieden, dass die Dienstleistungen der Altenheime ausdrücklich zu den eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Umsätzen gehören und damit unter die Befreiung fallen. Dazu gehören nach der Entscheidung auch Altenheime, wie Einrichtungen für betreutes Wohnen, die Senioren im Alter ab 60 Jahren eine Unterkunft und daneben verschiedene Dienstleistungen der Unterstützung und Betreuung zur Verfügung stellen. Zum einen ist die Dienstleistung der Zurverfügungstellung von Wohnungen, unabhängig davon, ob diese Wohnungen von einem Altenheim oder einer Einrichtung für betreutes Wohnen zur Verfügung gestellt werden, mehrwertsteuerlich gleich zu behandeln. Zum anderen sind die Dienstleistungen der Unterstützung und Betreuung, die Einrichtungen für betreutes Wohnen nach der nationalen Regelung anbieten müssen, soweit sie denen entsprechen, die Altenheime aufgrund dieser Regelung anbieten müssen, mit diesen ebenfalls mehrwertsteuerlich gleich zu behandeln. Daher fällt nach dem Urteil aus dem Bündel der Dienstleistungen, die von einer Einrichtung für betreutes Wohnen wie der im Ausgangsverfahren erbracht werden, die Zurverfügungstellung von geeigneten Wohnungen für Senioren unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (und nicht unter Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL). Die anderen Dienstleistungen fallen grundsätzlich auch unter die Steuerbefreiung, wenn diese Leistungen, die eine Einrichtung für betreutes Wohnen gemäß der nationalen Regelung anbieten muss, insbesondere bezwecken, die Unterstützung und Betreuung von Senioren sicherzustellen, und denjenigen entsprechen, die auch Altenheime nach diesen Regelungen anbieten müssen.

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