4.6.5.1 Allgemeines

 

Rz. 490

Die Vorschrift zur Leistungsortsbestimmung für auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen (oft auch als elektronische Dienstleistungen bezeichnet) nach dem ursprünglichen § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 13[1] UStG wurde mWv 1.7.2003 durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 1.7.2003[2] eingefügt. Die damalige Regelung war schon deshalb kompliziert, weil in § 3a Abs. 3a UStG und später in § 3a Abs. 5 UStG a. F. weitere Sonderregelungen existierten. Seit dem 1.1.2010 galt die Regelung des § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 13 UStG allerdings nur für die Leistungen an im Drittland ansässige "Nichtunternehmer". MWv 1.1.2015 wurde die Leistungsortsbestimmung für elektronische Dienstleistungen an im Unionsgebiet ansässige Nichtunternehmer dann aber aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben in § 3a Abs. 5 UStG für alle digitalen Dienstleistungen[3] – also auch die elektronischen Dienstleistungen – einheitlich neu gefasst.[4] § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 13 UStG wurde dementsprechend aufgehoben.[5]

 

Rz. 491

Die seitdem geltende Regelung für die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen findet sich also in § 3a Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 UStG. Durch die Neufassung sollte wohl vor allem die Sicherstellung der Besteuerung dieser Leistungen an Nichtunternehmer verbessert werden; einfacher ist die Anwendung dadurch aber wohl nur für solche Unternehmer geworden, die diese Regelung und die Ausführung solcher Leistungen häufiger anwenden.[6] Allgemein gilt, dass die fiskalische Bedeutung einer praktikablen und effektiven Regelung zur Bestimmung des Leistungsorts für die grenzüberschreitenden, auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen (gerade) an Nichtunternehmer ausgesprochen hoch ist, denn das "Herunterladen" von Musik, Filmen, Software oder Ähnlichem über das Internet ist genauso zur Selbstverständlichkeit geworden, wie das "Streamen" von Filmen und Musik sowie die Teilnahme an Online-Spielen. Diese Leistungen können entweder vom Inland, von anderen Mitgliedstaaten aus oder von Drittstaaten aus an inländische Abnehmer erbracht werden; der Leistungsort – und damit der Ort der Steuerbarkeit – ist hier aber nach der Neuregelung, sofern der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer ist, immer das Inland. Die Möglichkeiten einer Überprüfung der richtigen umsatzsteuerrechtlichen Abwicklung durch die Finanzbehörden bei solchen grenzüberschreitenden sonstigen Leistungen sind dabei schon aufgrund des nicht "fassbaren" Übermittlungsweges sehr beschränkt; im Übrigen handelt es sich um unzählige massenhaft auftretende Umsätze mit meist kleinerer Umsatzhöhe[7], deren (durchgängige) Überprüfung nicht nur die Finanzbehörden vor unlösbare Probleme stellen würde. Zudem sind die Arten der elektronischen Dienstleistungen ausgesprochen vielfältig, hier geht es nicht nur um das Herunterladen von Dateien oder Programmen über die verschiedensten Anbieter und Medien, sondern z. B. auch um die kostenpflichtige Teilnahme an Online-Spielen, bei denen es schon schwer sein kann, überhaupt den leistenden Unternehmer festzustellen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Abnehmer als Nichtunternehmer nicht unbedingt ein Interesse daran hat, die Umsatzsteuer aufgebürdet zu bekommen; nur zu oft wird hier auf die angebotene Leistung "zugegriffen", wenn denn nur der Preis günstiger ist.[8]

 

Rz. 492

Insoweit verwundert es wenig, dass die Kritik an einer konsequenten und vollständigen Besteuerung der digitalen Dienstleistungen – und hierbei vor allem bei den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen – auch bei der seit dem 1.1.2015 geltenden Regelung nicht abreist; sie reichte so weit, dass der Präsident des Bundesrechnungshofs (BRH) schon früh nach der Einfügung der neuen Regelung in Presseerklärungen vom "Internet als Steueroase" sprach.[9] Zurückzuführen sind diese Äußerungen auf Ausführungen des BRH in seinen Jahresberichten (Bemerkungen für die Jahre 2015 und 2016)[10], in denen der BRH allerdings eher die (damalige) mangelnde technische Umsetzung der Neuregelung durch die Finanzverwaltung kritisierte. Nichtsdestoweniger war es aber m. E. auch ohne vorliegende empirische Zahlen zutreffend, dass der Anteil unversteuerter auf elektronischem Weg erbrachter Dienstleistungen an deutsche Nichtunternehmer durch im Drittland ansässige Unternehmer hoch war.[11] Welches Interesse sollte denn auch der z. B. in China ansässige Unternehmer daran haben, deutsche USt in Deutschland für die von ihm an deutsche Abnehmer erbrachte Leistungen abzuführen? Schon weil er gegenüber den im Inland oder in der EU ansässigen Unternehmern einen Preisvorteil wegen der nicht gezahlten USt hat, dürfte der Anreiz der "Nichtzahlung" dieser Steuer für ihn hoch sein. Der einzige realistische Weg zur Kontrolle der Besteuerung solcher Leistungen an deutsche Nichtunternehmer bestand und besteht darin, die Betreiber derjenigen Internetplattformen – über die solche Leistungen zumeist abgewickelt werden – auf irgendeine Weise "in die Pflicht zu nehmen"; dazu mussten aber e...

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