Rz. 455

Die Regelung des § 3a Abs. 5 UStG ist mWv 1.1.2015 vollständig neu gefasst worden[1], sie hat seit diesem Zeitpunkt einen ganz anderen Regelungsinhalt als die bis zum 31.12.2014 geltende Vorgängerbestimmung; im Ergebnis wurde hier für die Besteuerung der grenzüberschreitenden digitalen Dienstleistungen[2] an Nichtunternehmer (Verbraucher) ein eigenes Besteuerungsverfahren geschaffen, das nunmehr unabhängig davon gilt, ob der Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat oder im Drittlandsgebiet ansässig ist. Die Neufassung diente dem letzten Schritt der Umsetzung der bereits in der Dienstleistungs-Richtlinie v. 12.2.2008[3] festgelegten Neuausrichtung des Leistungsorts bei digitalen Dienstleistungen an Nichtunternehmer. Es muss sich also immer um B2C-Leistungen handeln, für Leistungen an Unternehmer gilt die Regelung nicht (Rz. 458). Die entsprechende unionsrechtliche Regelung findet sich in Art. 58 MwStSystRL, der folgenden Wortlaut hat:

(1) Als Ort der folgenden Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige gilt der Ort, an dem dieser Nichtsteuerpflichtige ansässig ist, seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat:

a) Telekommunikationsdienstleistungen;

b) Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;

c) elektronisch erbrachte Dienstleistungen, insbesondere die in Anhang II genannten Dienstleistungen.

Kommunizieren Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger über E-Mail miteinander, bedeutet dies allein noch nicht, dass die erbrachte Dienstleistung eine elektronisch erbrachte Dienstleistung wäre.

(2) bis (6) weggefallen

Anlass der Gesetzesänderung war der Umstand, dass sich der Leistungsort bei digitalen Dienstleistungen an im Unionsgebiet ansässige Nichtunternehmer vor Schaffung dieser Regelung nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmte; er befand sich mithin am Sitz des leistenden Unternehmers. Die Besteuerung erfolgte deshalb nicht am Ort des Verbrauchs der sonstigen Leistung, was vor allem zulasten des Steueraufkommens der Mitgliedstaaten der Ansässigkeit der Verbraucher ging und zudem Gestaltungen hervorrief.[4] Im Ergebnis war damit das "Verbrauchsortprinzip" nur bei nichtunternehmerischen Abnehmern im Drittland begründet (§ 3a Abs. 4 UStG a. F.; vgl. auch Abs. 5 a. F.) und der leistende Unternehmer mit Sitz im Unionsgebiet hatte im Prinzip die Möglichkeit, seinen Sitz in einen Mitgliedstaat mit einem niedrigen Umsatzsteuersatz zu verlegen. In Anbetracht der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung insbesondere der elektronischen Dienstleistungen – wie z. B. der Download von Software, Musik oder E-Books – und ihrer leichten Durchführbarkeit, sollte die Steuerbarkeit auch hier immer an den Ort der Ansässigkeit des Verbrauchers verlegt werden. Zu beachten ist, dass sich die Neuregelung auf alle digitalen Dienstleistungen bezieht, und nicht nur auf die elektronischen Dienstleistungen.

 

Rz. 455a

Bereits mWv 1.1.2019 war allerdings aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben eine Ergänzung des § 3a Abs. 5 erforderlich geworden, weil es sich gezeigt hatte, dass die Regelung für kleinere Unternehmer eher ein Hemmnis zur Durchführung der entsprechenden grenzüberschreitenden Umsätze war. Die Änderung erfolgte durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Rz. 25a).[5] Hierdurch wurden in den Abs. 5 neue Sätze 3 bis 5 eingefügt, die nunmehr einen Schwellenwert von 10.000 EUR für die Anwendung der dortigen Regelung für grenzüberschreitende digitale Dienstleistungen – und damit auch für die Anwendung des MOSS-Verfahrens – vorsehen. Diese Ergänzung war allerdings unionsrechtlich vorgegeben, weil Art. 58 MwStSystRL durch die Richtlinie (EU) 2017/2455[6] durch Einfügung eines neuen Art. 59c entsprechend geändert worden war. Die Änderung von Art. 58 MwStSystRL durch die Richtlinie (EU) 2017/2455 sowie die Folgeänderung des § 3a Abs. 5 UStG hatten das Ziel, dass Kleinstunternehmen mit Sitz in nur einem EU-Mitgliedstaat, die solche Dienstleistungen an Nichtunternehmer in anderen Mitgliedstaaten erbringen, von der Erfüllung mehrwertsteuerlicher Pflichten in anderen Mitgliedstaaten entlastet werden. Daher wurde ein unionsweit geltender Schwellenwert in Höhe von 10.000 EUR eingeführt, bis zu dem diese Dienstleistungen nun wieder der Mehrwertsteuer im Mitgliedstaat der Ansässigkeit des leistenden Unternehmers unterliegen (Rz. 509ff.). Das ist für diese Unternehmer im Prinzip eine Rückkehr zum alten System, im Ergebnis stellt es aber zumeist eine Erleichterung dar.

 

Rz. 456

Allgemein ist zu der Regelung des § 3a Abs. 5 UStG anzuführen, dass eine durchgängige Besteuerung am Verbrauchsort der grenzüberschreitenden digitalen Dienstleistungen innerhalb der EU ohne eine Sonderregelung voraussetzen würde, dass sich die leistenden Unternehmer jeweils in allen Mitgliedstaaten steuerlich registrieren lassen und Steuererklärungen abgeben müssen, in die sie ihre Leistungen erbringen. Dies hätte zweifellos einen hohen Verwaltungsaufwand erfordert und im...

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