Rz. 318

Sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 UStG sind die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten; unionsrechtlich beruht die Regelung auf Art. 59 Buchst. a MwStSystRL (Rz. 310). In diesen Fällen richtet sich der Leistungsort nach dem Ort, wo der Empfänger der Leistung seinen Wohnsitz oder Sitz hat, sofern sich dieser im Drittlandsgebiet (also außerhalb des Unionsgebiets) befindet. Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, so richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG.[1] Da die in § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 UStG genannten Rechte in der Praxis nur selten an im Drittlandsgebiet ansässige Nichtunternehmer übertragen werden dürften, ist die praktische Relevanz dieser Regelung gering.

 

Rz. 319

Erfasst sind von den hier aufgezählten Leistungen vor allem sämtliche durch besondere Gesetze geschützten Rechte, wobei die Aufzählung in der Vorschrift nicht abschließend ist. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Zusatz "der ähnlichen Rechte", sondern auch daraus, dass Art. 59 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL zusätzlich die Lizenz- und Fabrikrechte nennt. Nicht nach § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 UStG richtet sich dagegen z. B. die Übertragung eines Rechts auf die Lieferung von Waren. Der Begriff der "Einräumung" bezieht sich nur auf das Verlagsrecht und auf Konzessionen, die übrigen Rechte können einem anderen dagegen nicht eingeräumt werden; die Übertragung ist die Vollrechtsübertragung.[2]

 

Rz. 320

Als geschützte Rechte i. S. d. § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 UStG kommen nach Abschn. 3a.9 Abs. 1 UStAE folgende Rechte in Betracht:

  1. das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG; Rz. 321),
  2. das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (UrhWahrnG; Rz. 329),
  3. das Patentgesetz (PatG; Rz. 333),
  4. das Markenrechtsreformgesetz (MarkenG; Rz. 331),
  5. das Gesetz über das Verlagsrecht (VerlG; Rz. 332) und
  6. das Gebrauchsmustergesetz (GebrMG; Rz. 330).

Der Tatbestand des § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 UStG steht damit im unmittelbaren Zusammenhang mit den genannten Gesetzen, es ist daher immer an erster Stelle zu prüfen, ob eine Übertragung von Rechten unter eines dieser Gesetze fällt. Erst dann bedarf es der Prüfung, ob § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 UStG u. U. aufgrund der Übertragung eines ähnlichen Rechts Anwendung findet.

 

Rz. 321

Im Rahmen der Übertragung der oben genannten Rechte stellt sich in der Praxis häufig die Frage, inwieweit Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung teilen oder selbstständig hinsichtlich des Orts der Leistung zu bewerten sind. Dies gilt z. B. im Zusammenhang mit der Überlassung von Plänen, Skizzen oder Manuskripten, welche etwa im Rahmen der Einräumung eines Rechts mit übertragen werden. Hierbei handelt es sich aber i. d. R. um die Übertragung eines unselbstständigen Hilfsmittels zur Ausübung des Rechts. Eine Leistung ist dann als bloße Nebenleistung zur Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat, sondern lediglich das Mittel darstellt, um die Hauptleistung optimal in Anspruch nehmen zu können. Solche Nebenleistungen teilen dann das umsatzsteuerliche "Schicksal" der Hauptleistung.[3] In Anlehnung an diese Grundsätze stellt z. B. die Überlassung von Filmnegativen und Kopien keine selbstständige Lieferung dar, sie ist vielmehr Teil der sonstigen Leistung der Überlassung der Filmrechte.[4]

 

Rz. 322

Das Urhebergesetz regelt den Schutz der Urheber an Werken der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst. Darunter fallen z. B. Werke der Sprache, der Schrift, der Musik, aber auch der Foto- und Filmkunst und Werke wissenschaftlicher und technischer Art sowie z. B. auch auf individuelle Bedürfnisse eingerichtete Computerprogramme (Individualsoftware).[5] Das Urheberrecht ist dabei kein an die Eintragung in ein Register gebundenes Schutzrecht; zur Begründung des Schutzes bedarf es nicht einer vorherigen Eintragung in ein derartiges Register, wie es z. B. im Patentrecht der Fall ist. Ein Urheberrecht entsteht vielmehr durch den "Akt der Schöpfung" in der Person des "Schöpfers".[6] Im Einzelnen sind folgende Fragen bisher zum Leistungsort bei der Übertragung von Urheberrechten entschieden worden:

 

Rz. 323

Die Herstellung und Überlassung sendefertiger Filme durch einen Filmhersteller an eine Fernsehanstalt fallen unter das Urhebergesetz. Die Übertragung des Rechts an dem Film ist selbst dann als sonstige Leistung und nicht als Lieferung zu betrachten, wenn das Verwertungs- und Veröffentlichungsrecht unbeschränkt übertragen wird. Das Verwertungsrecht stellt hier den eigentlich verwertbaren Wert der Leistung dar.[7]

 

Rz. 324

Hinsichtlich der Überlassung von Software ist nach der Rechtsprechung des BFH wie folgt zu entscheiden: Eine Veräußerung von reiner Standardsoftware stellt keine Einräumung, Übertragung oder Wahrnehmung von Rechten dar, die sich aus dem Urhebergesetz ergeben. Die Einräumung und Überlassung der urheberrechtlichen Rechte stellen hier – genauso wie die Überlassung des Handbuc...

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