Rz. 121

Das zweite Tatbestandsmerkmal des § 3a Abs. 2 UStG (neben der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers) besteht darin, dass der Abnehmer die Leistung für sein Unternehmen verwenden muss. Hier erscheint es schon auf einen ersten Blick fraglich, woher denn der Leistende um diese internen Vorgänge bei seinem Vertragspartner wissen soll. Mag die Feststellung der Unternehmereigenschaft eines Leistungsempfängers noch möglich sein, so dürfte der Nachweis der unternehmerischen Verwendung einer sonstigen Leistung für den Leistenden objektiv oft deutlich schwerer zu führen sein.[1] Insoweit muss der Sinn dieses Tatbestandsmerkmals genauso kritisch hinterfragt werden wie die unionsrechtliche Grundlage in Art. 44 MwStSystRL.[2]

Hinzuweisen ist noch darauf, dass bei der Bestimmung des Leistungsorts die nichtunternehmerische Verwendung einer Dienstleistung von einer Verwendung für eine nicht wirtschaftliche Geschäftstätigkeit abzugrenzen ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann nach der Rechtsprechung des EuGH eine derartig tätig werdende Person als Steuerpflichtiger i. S. v. Art. 44 MwStSystRL angesehen werden.[3]

Nach Auffassung des EuGH folge im Rahmen der Systhematik des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten anderen Kriterien als die Unterscheidung einer unternehmerischen Verwendung und einer unternehmensfremden, nämlich privaten, Verwendung.[4]

 

Rz. 121a

Festzuhalten ist zunächst, dass gemäß Art. 25 MwStDVO für die Feststellung der Verwendungsabsicht der Zeitpunkt der Ausführung der sonstigen Leistung maßgeblich ist. Eventuelle spätere Änderungen der Verwendung führen nicht mehr zu einer Veränderung des Leistungsorts[5], sofern nur keine missbräuchliche Anwendung vorliegt. Geregelt sind auch solche Fälle, in denen eine sonstige Leistung sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Gemäß Art. 19 Abs. 3 MwStVO fällt diese Leistung ausschließlich unter die Leistungsortbestimmung des Art. 44 MwStSystRL und damit in Deutschland unter § 3a Abs. 2 UStG[6]; dies hat der EuGH mit Urteil v. 6.11.2008 bestätigt.[7] Klargestellt ist damit im Hinblick auf die Ortsbestimmung auch, dass es keiner Aufteilung einer gemischt genutzten Leistung bedarf, selbst wenn der unternehmerisch genutzte Anteil gering ist.[8] Anders ist nur dann zu entscheiden, wenn die Dienstleistung nichtunternehmerisch genutzt wird und der Unternehmer (richtigerweise) seine USt-IdNr. nicht verwendet (Rz. 123). Insoweit ist die oben genannte Regel zur Ortsbestimmung des Leistungsbezugs "für das Unternehmen" dahingehend zu ergänzen, dass es ausreicht, wenn der Leistungsempfänger die Leistung auch für sein Unternehmen bezieht. Das kann z. B. der Fall sein, wenn die Leistungen für die Erbringung ihrer Art nach nicht steuerbaren Umsätzen bestimmt sind.[9]

 

Rz. 122

Nicht jede sonstige Leistung, die unter Angabe einer USt-IdNr. bezogen wird, führt allerdings zwangsläufig zur Leistungsortsbestimmung nach § 3a Abs. 2 UStAE. Bei bestimmten Sachverhalten dürften bereits aufgrund ihrer Art Zweifel an der unternehmerischen Verwendung angebracht sein.

 
Praxis-Beispiel

Ein deutscher Schönheitschirurg (S) führt im Inland an einer österreichischen Unternehmerin eine kosmetische Operation – also keine steuerfreie Heilbehandlung - durch, wobei die Patientin mit ihrer österreichischen USt-IdNr. auftritt. Wenn S nun wegen des nach § 3a Abs. 2 UStG (vermeintlichen) Leistungsorts in Österreich netto abrechnet, dann wird er sich nicht unter Hinweis auf die Verwendung der USt-IdNr. auf seinen guten Glauben berufen können, weil die Art der erbrachten Dienstleistung eine unternehmerische Verwendung widerlegt (vgl. dazu auch in Rz. 124).

Dieses Beispiel darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Sachverhalte möglich erscheinen, bei denen eine unternehmerische Nutzung nicht so einfach auf einen ersten Blick hin ausgeschlossen ist, tatsächlich aber auch die vollständige nichtunternehmerische Nutzung denkbar ist. Insoweit bestehen (zum Glück) insbesondere hinsichtlich der hier praxisrelevanten Arbeiten an Grundstücken und an beweglichen körperlichen Gegenständen in § 3a Abs. 3 UStG Sonderregelungen des Leistungsorts; im Übrigen enthalten die deutschen Verwaltungsanweisungen hier mW seit dem 1.1.2013 ausdrückliche Hinweise (Rz. 124).

 

Rz. 123

Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der unternehmerischen Verwendung durch den Leistungsempfänger ist noch auf Folgendes hinzuweisen. In der Praxis wird regelmäßig dann von einer unternehmerischen Verwendung i. S. d. § 3a Abs. 2 UStG auszugehen sein, wenn der Leistungsempfänger seine Unternehmereigenschaft durch eine USt-IdNr. oder die in Rz. 119 genannte Unternehmerbescheinigung nachgewiesen hat. Gerade bei solchen sonstigen Leistungen, deren unternehmerische Verwendung nicht offensichtlich zweifelhaft erscheint, sind weitere Ermittlungen durch den Leistenden dann auch nicht erforderlich oder angebracht; dahingehende A...

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