Rz. 5

Die Feststellung des Orts der Lieferung ist entscheidend für die Frage, ob eine Lieferung im Inland oder im Ausland ausgeführt worden ist. Maßgebend ist hierfür allein der Ort, an dem sich der Liefergegenstand im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Die Staatsangehörigkeit des Lieferers ist insoweit ebenso unbedeutend wie sein Wohnsitz, Aufenthaltsort oder der Ort des Vertragsabschlusses.

Nach der Definition in § 3 Abs. 1 UStG kommt es für die Annahme einer Lieferung darauf an, dass der Lieferer dem Abnehmer die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft hat. Während sich die sonstige Leistung (z. B. Dienstleistung, Miete) zumeist über einen gewissen Zeitraum erstreckt, wird die Lieferung stets zu einem festen Zeitpunkt, nämlich im Augenblick der Verschaffung der Verfügungsmacht, bewirkt. Tätigkeiten, die vor diesem Zeitpunkt liegen, sind umsatzsteuerlich unbeachtliche bloße Vorbereitungshandlungen, es sei denn, dass sie infolge Ausbleibens der Lieferung die Eigenschaft von Leistungen (meistens sonstigen Leistungen) annehmen. Aus dem engen Zusammenhang von Zeit und Ort folgt, dass die Lieferung nur an einem genau bestimmbaren Ort ausgeführt bzw. erbracht wird. Wegen der Ortsbestimmung bei Reihenlieferungen s. Rz. 22ff. Wegen des Zeitpunkts und des Orts von Werklieferungen, bei denen die Verschaffung der Verfügungsmacht am fertigen Werk maßgebend ist, s. Rz. 25ff.

 

Rz. 6

§ 3 Abs. 7 S. 1 UStG bestimmt den Ort der Lieferung für alle sog. ruhenden oder nicht bewegten Warenlieferungen. Das sind

  • Fälle, in denen der Liefergegenstand nicht befördert oder versendet wird,
  • diejenigen Umsätze in Reihengeschäften, denen die Beförderung/Versendung nicht zugeordnet ist, sowie
  • die fiktiven Lieferungen gem. § 3 Abs. 3 UStG bei Kommissionsgeschäften (§ 3 Abs. 3 UStG Rz. 21).

Für die übrigen - bewegten – Lieferungen regelt § 3 Abs. 6 UStG den Ort.

Neben dem Ort der Lieferung bestimmt die Vorschrift des § 3 Abs. 7 UStG auch den Lieferzeitpunkt.[1]

 

Rz. 6a

Zum Sonderfall, dass es für eine einzige Lieferung mehrere Lieferorte geben kann, vgl. das in Rz. 47a besprochene EuGH-Urteil v. 29.3.2007[2], in dem es um die Lieferung und das Verlegen eines Glasfaserkabels auf dem Meeresboden geht. Nach Ansicht des EuGH wird das Kabel nach und nach in den Gebieten der berührten Staaten ausgeführt. Zum Lieferzeitpunkt hat sich der EuGH in diesem Sonderfall der Lieferung nicht konkret geäußert. Er hat nur bestimmt, dass jedem Staat das Besteuerungsrecht bezüglich des auf seinem Hoheitsgebiet liegenden Anteils am Glasfaserkabel einschließlich der Kosten zusteht. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich anteilig nach der Länge des sich auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet befindlichen Kabels und ergibt sich aus dem Preis für das Kabel und das übrige Material sowie aus den Kosten der mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen. Der EuGH hat den Umsatz als Lieferung i. S. d. Art. 5 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL) angesehen, weil das Kabel im Anschluss an vom Lieferer durchgeführte Funktionsprüfungen auf den Kunden übertragen wird, der dann als Eigentümer darüber verfügen kann. Somit kann davon ausgegangen werden, dass der Lieferzeitpunkt nach Ansicht des EuGH in dem Besteuerungszeitraum liegt, in dem die Übertragung auf den Kunden erfolgte.[3]

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