Rz. 23

Die Voraussetzungen des § 2a UStG sind nur erfüllt, wenn das neue Fahrzeug bei der Lieferung tatsächlich körperlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt. Nur in diesem Fall kann auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG i. V. m. § 6a UStG in Anspruch genommen werden.

 

Rz. 23a

Das übrige Gemeinschaftsgebiet umfasst aus Sicht von Deutschland die Gebiete der übrigen EU-Mitgliedstaaten.[1]  Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU zum 31.1.2020 (sog. Brexit) gehört das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland nicht mehr zu den EU-Mitgliedstaaten, sondern zum Drittlandsgebiet i. S. d. § 1 Abs. 2a S. 3 UStG. Im Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich[2] ist jedoch eine Übergangsfrist enthalten, wonach das Unionsrecht während des Übergangszeitraums v. 1.2.2020 bis 31.12.2020 im Vereinigten Königreich weiterhin gilt. In diesem Übergangszeitraum behandeln die verbliebenen EU-Mitgliedstaaten das Vereinigte Königreich weiterhin wie einen EU-Mitgliedstaat. Das bedeutet für die Lieferung neuer Fahrzeuge i. S. d. § 2a UStG, dass die bis zum 31.12.2020 ausgeführten Lieferungen von Neufahrzeugen aus dem Inland z. B. an Privatpersonen im gesamten Vereinigten Königreich noch unter § 2a UStG fallen. Für Lieferungen um die Jahreswende 2020/2021 gilt nach Art. 51 Abs. 1 des Austrittsabkommens eine spezielle Übergangsregelung.[3] Nach dem Ablauf des Übergangszeitraums zum 31.12.2020 ist das Vereinigte Königreich ab 1.1.2021 wie jeder andere Drittstaat zu behandeln. Das Handelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU v. 24.12.2020 trifft hierzu keine abweichenden Regelungen.

 

Rz. 23b

Eine Ausnahme gilt jedoch für Nordirland, für das im Protokoll zu Irland/Nordirland zum Austrittsabkommen (Rz. 23a) ein besonderer Status vereinbart wurde. Danach gelten für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs (wozu auch die Lieferung von Neufahrzeugen gehört) weiterhin die MwStSystRL sowie weitere EU-Richtlinien und EU-Verordnungen.[4] Im Ergebnis ist ab dem 1.1.2021 bei der Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs mit dem Vereinigten Königreich zwischen Großbritannien (England, Schottland, Wales, Gibraltar) einerseits und Nordirland andererseits zu unterscheiden. Nordirland wird für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs auch ab dem 1.1.2021 als zum Gemeinschaftsgebiet gehörig behandelt, während Großbritannien Drittlandsgebiet ist. Das bedeutet für die Lieferung neuer Fahrzeuge i. S. d. § 2a UStG, dass auf die ab 1.1.2021 z. B. von inländischen Privatpersonen ausgeführten Lieferungen von Neufahrzeugen vom Inland aus an in Nordirland ansässige Abnehmer § 2a UStG anzuwenden ist. Dagegen fallen die gelegentlichen Lieferungen von Neufahrzeugen an im Gebiet von Großbritannien (England, Schottland, Wales, Gibraltar) ansässige Abnehmer ab 1.1.2021 nicht mehr unter § 2a UStG. Die Lieferung neuer Fahrzeuge durch Nichtunternehmer oder durch Unternehmer außerhalb ihres Unternehmens an Abnehmer im Drittlandsgebiet ist im Inland nicht steuerbar. Dies gilt auch für ab 1.1.2021 ausgeführte Lieferungen an in Großbritannien ansässige Abnehmer. Die dort ansässigen Abnehmer haben die von inländischen gelegentlichen Fahrzeuglieferern erworbenen neuen und alten Fahrzeuge der britischen Einfuhrumsatzsteuer zu unterwerfen.[5]

 

Rz. 23c

Verbleibt das Fahrzeug beim Verkauf an einen im Ausland ansässigen Abnehmer körperlich im Inland, handelt es sich weder um eine Lieferung i. S. d. § 2a UStG noch um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, auch wenn der Erwerber des Neufahrzeugs in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig ist. Dass das Fahrzeug tatsächlich in einen anderen EU-Mitgliedstaat gelangt ist, muss der gelegentliche Fahrzeuglieferer nachweisen, i. d. R. durch den sog. Belegnachweis (sog. Gelangensnachweis).[6] Der Nachweis dürfte insbesondere als erbracht anzusehen sein, wenn nachgewiesen wird, dass das Fahrzeug in dem anderen EU-Mitgliedstaat zum Straßenverkehr amtlich zugelassen worden ist. Ob der Abnehmer des neuen Fahrzeugs eine USt-IdNr. besitzt (insbesondere Unternehmer) oder nicht (insbesondere Privatpersonen), ist ohne Bedeutung. Die deutschen Finanzbehörden haben im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Umsatzsteuerbetrugs die von Fahrzeugverkäufern erbrachten sog. Verbringensnachweise in zahlreichen Fällen beanstandet. Hintergrund waren Feststellungen, dass die verkauften Fahrzeuge das Inland körperlich nicht verlassen hatten (Vortäuschung einer innergemeinschaftlichen Lieferung).

 

Rz. 23d

Bestehen Zweifel, ob das neue Fahrzeug tatsächlich körperlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt, erscheint es auch für gelegentliche Fahrzeuglieferer i. S. d. § 2a UStG angebracht, die Steuerbefreiung der Neufahrzeuglieferung erst dann zu gewähren, wenn der Abnehmer verlässliche Bescheinigungen der ausländischen Kfz-Zulassungs- oder Steuerbehörden beibringt. In diesem Fall stellt der inländische gelegentliche Fahrzeuglieferer seinem im EU-Ausland ansässigen Abnehme...

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