Rz. 76

§ 20 S. 1 Nr. 3 UStG ermöglicht es Angehörigen der freien Berufe nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sich ebenfalls die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten gestatten zu lassen. Die Möglichkeit nach § 20 S. 1 Nr. 3 UStG ergibt sich unabhängig von der Höhe der erzielten Umsätze des Unternehmers. Unerheblich ist dabei, ob die freiberufliche Tätigkeit einzeln oder als Zusammenschluss von natürlichen Personen ausgeführt wird.[1]

 

Rz. 77

Die Regelung des § 20 S. 1 Nr. 3 UStG (damals § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG) ist mWv 1.1.1977 in das UStG mit aufgenommen worden.[2] Damit war aber keine systematische Änderung verbunden, da bis zum 31.12.1976 über § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG a. F. i. V. m. § 161 Abs. 1 und Abs. 2 RAO die freien Berufe zwar grundsätzlich der Buchführungspflicht unterlagen, wenn sie die maßgeblichen Umsatzgrenzen überschritten hatten, aber nach § 161 Abs. 2 RAO von der Buchführungspflicht befreit werden konnten, sodass dann auch die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten möglich war.[3] Nachdem durch die Beschränkung der Regelungen zur Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 AO auf die gewerblichen Unternehmer und Land- und Forstwirte die Angehörigen der freien Berufe nicht mehr unter die Buchführungspflicht der AO fielen, konnten auch keine Erleichterungen nach der AO gewährt werden. Um für die Angehörigen der freien Berufe aber weiterhin die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten zu ermöglichen, wurde § 20 S. 1 Nr. 3 UStG (damals § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG) eingeführt.

 

Rz. 78

Voraussetzung für die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten ist, dass der Unternehmer Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausführt. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.

 

Rz. 79

Die weiteren, ebenfalls in § 18 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 4 EStG aufgeführten Tätigkeiten, die auch zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit führen, sind nicht von § 20 S. 1 Nr. 3 UStG erfasst, sodass in diesen Fällen eine Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten nicht in Betracht kommen kann.

 

Rz. 80

Ein Angehöriger eines freien Berufs kann sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen, soweit er aufgrund seiner eigenen Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig ist, ohne dass dies einen Einfluss auf die Eigenschaft der freiberuflichen Tätigkeit hat. Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit ebenfalls nicht entgegen.

 

Rz. 81

Die Möglichkeit, die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten zu gestatten, ist an die Art der Tätigkeit gebunden: Die Gestattung reicht "soweit", wie der Unternehmer Umsätze aus der Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs erzielt. Für andere Umsätze, die nicht unter die Tätigkeit aus einem freien Beruf fallen, kann damit die Gestattung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten nicht erfolgen. Führt ein Steuerpflichtiger sowohl Umsätze aus der Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs als auch andere Umsätze (z. B. gewerbliche Umsätze, Umsätze aus Vermietung) aus, kann sich die Gestattung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten nur auf die Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit erstrecken. Eine Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten für die anderen Umsätze kann sich nur dann ergeben, wenn die Voraussetzungen des § 20 S. 1 Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 4 UStG vorliegen sollten. Bei der Prüfung, ob der Unternehmer die Voraussetzungen des § 20 S. 1 Nr. 1 UStG (Gesamtumsatz überschreitet nicht die maßgebliche Umsatzgrenze von derzeit 600.000 EUR) erfüllt, muss aber auf den Gesamtumsatz des gesamten – einheitlichen – Unternehmens abgestellt werden.[4]

 

Beispiel: Umsätze aus unterschiedlichen Unternehmensteilen

Rechtsanwalt R erzielt aus der freiberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt einen Umsatz i. H. v. 550.000 EUR. Darüber hinaus besitzt R mehrere Mietshäuser, mit denen er 100.000 EUR Umsatz aus steuerfreier Vermietung und 70.000 EUR aus durch Option nach § 9 UStG steuerpflichtiger Vermietung erzielt.

R hat ein einheitliches Unternehmen, das sowohl die Tätigkeit als Rechtsanwalt als auch aus der Vermietung umfasst. Der Gesamtumsatz seines Unternehmens ergibt sich aus den Umsätzen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt und der steuerpflichtigen Vermietung. Die Umsätze aus der nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG steuerfreien...

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