Rz. 56

Besonderheiten ergeben sich auch für die Prüfung des Gesamtumsatzes bei einer Betriebsübernahme. Die Betriebsübernahme kann im Rahmen der Einzelrechtsnachfolge oder der Gesamtrechtsnachfolge erfolgen.

 

Rz. 57

Einzelrechtsnachfolge liegt vor, wenn der Unternehmer einen Betrieb oder einen Teilbetrieb im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG erwirbt. War der Erwerber des Betriebs oder Teilbetriebs bisher noch nicht unternehmerisch tätig, begründet er seine Unternehmereigenschaft neu. In diesem Fall müssen damit die Grundsätze wie bei einer Neugründung (Rz. 53ff.) gelten. Umstritten ist allerdings, wie weit die Regelung des § 1 Abs. 1a S. 3 UStG reicht, dass der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers tritt. Teilweise wird dabei in der Kommentierung davon ausgegangen, dass in diesem Fall der Vorjahresumsatz des Verkäufers des Betriebs oder Teilbetriebs dem Erwerber nicht zuzurechnen ist.[1] Unter Bezugnahme auf die "Fußstapfentheorie" des § 1 Abs. 1a S. 3 UStG wird aber teilweise auch die Auffassung vertreten, dass der Betriebsübernehmer die Besteuerungsgrundlagen des Verkäufers übernimmt und insoweit der Vorjahresumsatz dem Erwerber zuzurechnen ist.[2]

 

Rz. 58

Soweit in der Kommentierung davon ausgegangen wird, dass der erwerbende Unternehmer in die Rechtsposition des Verkäufers auch bezüglich der Berechnung der USt eintritt, müsste hinterfragt werden, ob dem Käufer grundsätzlich auch in dem Jahr des Verkaufs die vom Verkäufer gewählte Berechnung der USt zuzurechnen ist. Ggf. hatte der Verkäufer – obwohl die Voraussetzungen des § 20 S. 1 Nr. 1 UStG vorliegen – keinen Antrag auf Gestattung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten gestellt. Dies erscheint aus systematischen Gründen nicht sinnvoll, da es insbesondere auch bei der Übertragung von Teilbetrieben zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen würde. Wenn dem Erwerber aber die vom Veräußerer gewählte Form der Berechnung der USt nicht zuzurechnen ist, wäre es auch nicht sinnvoll, ihm die Umsätze des Verkäufers zuzurechnen. Ist der erwerbende Unternehmer bisher nicht unternehmerisch tätig gewesen, muss der Erwerb eines Betriebs oder eines Teilbetriebs als Neugründung behandelt werden.[3] Da es Voraussetzung der nichtsteuerbaren Betriebsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG ist, dass der Erwerber den Betrieb oder Teilbetrieb unverändert oder zumindest relativ unverändert fortführt, wird der bisher vom Veräußerer erzielte Gesamtumsatz aber einen erheblichen Einfluss auf die Schätzung des hochgerechneten Gesamtumsatzes haben. Im Folgejahr muss danach der auf einen Gesamtjahresumsatz hochgerechnete Umsatz des Rumpfwirtschaftsjahrs für die Beurteilung der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten herangezogen werden.

 

Rz. 58a

Unabhängig von der Frage des Umfangs des Gesamtumsatzes kann der Erwerber im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG für Zeiträume, in denen das Unternehmen noch dem Veräußerer zuzurechnen war, nicht über die Besteuerungsart (Soll- oder Ist-Besteuerung) entscheiden, weil dieses Wahlrecht die auch nach der Geschäftsveräußerung dem Veräußerer zugewiesene Steuerschuldnerschaft für Altumsätze entstehen (beim Wechsel von der Ist- zur Sollbesteuerung) oder entfallen lassen könnte (beim Wechsel von der Soll- zur Ist-Besteuerung).[4]

 

Rz. 59

War der Erwerber des Betriebs oder des Teilbetriebs schon vorher unternehmerisch tätig, erweitert er durch den Kauf sein Unternehmen, es liegt dann keine Neugründung vor. Für das laufende Kj. ergeben sich daraus keine nachteiligen Folgen für den Erwerber. War dem Unternehmer bisher die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten gestattet worden, kann er die Berechnung auch im laufenden Kj. nach vereinnahmten Entgelten vornehmen. Für das Folgejahr muss dann der Vorjahresumsatz inklusiv der ab Übernahme des Betriebs oder Teilbetriebs erzielte Umsatz für die Prüfung der Ausnahmeregelung nach § 20 S. 1 Nr. 1 UStG herangezogen werden.[5] Eine Hochrechnung des Umsatzes, der aus dem hinzuerworbenen Unternehmensteil erzielt worden ist, in einen Gesamtjahresumsatz kann m. E. nicht in Betracht kommen, da auch bei Unternehmern, die unterjährig eine Unternehmenserweiterung ohne Zukauf eines Betriebs oder Teilbetriebs vornehmen, eine Hochrechnung nicht erfolgt, sondern ausschließlich auf den bei dem Unternehmer erzielten Umsatz abgestellt wird. Würde bei Erwerb eines Betriebs oder eines Teilbetriebs der Umsatz in einen Jahresumsatz hochgerechnet werden, würde der Erwerber eines solchen Betriebs anders (schlechter) gestellt werden, als ein Unternehmer, der eine gleichartige Unternehmenserweiterung aus eigenen Mitteln durchführen würde.

 

Rz. 60

Eine Betriebsübernahme kann sich auch im Rahmen einer Gesamtrechtsnachfolge ergeben. Eine Gesamtrechtsnachfolge ist dann gegeben, wenn ein Unternehmen durch Erbfall oder Verschmelzung übergeht. Insbesondere zu dem Fall des Übergangs durch einen Erbfall hat der BFH[6] die rechtlichen Grundsätze wie folgt zusammengefasst: "Mit dem...

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